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Bildübersicht

Karte des gesamten Koloniegebiets, gedruckt in Bando

Karte von Tsingtau und Umgebung mit militärischen Befestigungsanlagen (rot gekennzeichnet)

Pläne der drei Vorgängerlager

Ansicht des Tempelgeländes

Tempellager Marugame bei Tage (1. v.r.: Rechtsanwalt Rudolf Mahnfeldt, der Einführungen zu verschiedenen Konzerten schrieb, 2. v.r.: Heinrich Thies)

Nachtruhe: Man schlief auf Reisstrohmatten auf dem Boden, die Möbel wurden unter die Decke gezogen.

Sportveranstaltung im Tempellager Marugame

Marugamer Musikkapelle unter Leitung des Geigers Paul Engel

Kammermusikabend vom 18.2.1917 mit Beethovens "Frühlingssonate" op. 24 für Violine und Klavier

Konzert vom 10.12.1916

Solostimme

Kadenz

Blick auf das mit doppeltem Stacheldraht eingezäunte Lagergelände

Karte des Lagers Bando von Joh. Jakoby, Stand 1.4.1919

Haupttor zum Lager mit der charakteristischen Bogenlampe

Lagerkommandant Matsue Toyohisa

Kriegsgefangene in Bando, Heinrich Thies mit x bezeichnet

Kriegsgefangene Offiziere, japanische Lageroffiziere und ein japanischer Dolmetscher

Fremdenführer durch das Kriegsgefangenenlager Bando, Japan

Tokushima-Orchester mit seinem Leiter Hermann Richard Hansen im Musikpavillon im Lager

Paul Engel mit seinem Orchester

Blaskapelle der M.A.K. (Matrosen-Artillerie Kiautschou) mit ihrem Leiter Hermann Richard Hansen

Blaskapelle Schulz

Tokushima-Orchester und Chor mit Hermann Richard Hansen

Konzert vom 21.10.1917 mit Egmont-Ouvertüre

Konzert vom 9.12.1917 mit Prometheus-Ouvertüre

Konzert vom 24.2.1918 mit 4. Symphonie und 3. Leonoren-Ouvertüre

Konzert vom 3.2.1918 mit "Kreutzer-Sonate"

Beethovens Handschrift des 1. Satzes der Sonate für Violine und Klavier op. 47

Konzert vom 14.4.1918 mit drei Klaviersonaten

Konzert vom 28./29.4.1918 mit 5. Symphonie

Paul Engel

"Musikseminar Paul Engel" - Engel mit seinen japanischen Schülern

Konzert vom 10.6.1917 mit Finalsatz der 9. Symphonie

Vortragsraum in der Baracke 1: Hier wurden Vorträge gehalten, Konzerte gegeben
und Theater gespielt.

Konzert vom 1.6.1918 mit der vollständigen 9. Symphonie

Artikel in "Die Baracke" Nr. 10 und 11 vom 2. und 9.6.1918

Beethovens Handschrift der Coda des 2. Satzes der 9. Symphonie

Konzert vom 22./23.2.1919 mit 1. und 5. Symphonie

Kammermusikabend vom 26.3.1919 mit Violinsonate op. 30 Nr. 2

Beethovens Handschrift der Sonate für Violine und Klavier c-Moll op. 30 Nr. 2

Konzert vom 28.9.1919 mit Klaviertrio op. 11

Konzert vom 19./20.10.1919 mit 6. Symphonie und Violinkonzert

Von Beethoven korrigierte Abschrift der 6. Symphonie op. 68 (Pastorale)

Öffentliches Konzert im März 1919

Tokushima-Orchester

Konzert vom 28.8.1918

Konzert vom 27.1.1918

Konzert vom 23.3.1919

Konzert vom 22.12.1918

Konzert vom 25.8.1919

Bunter Abend im Juli 1919

Aufführung vom 10.7.1917

Die Zuschauer saßen auf dem "Signalberg", die Bühne befand sich jenseits des Sees

Aufführungen im Februar 1919

Bühnenbild zu "Egmont", "Zimmer der Regentin", entworfen von Wilhelm Blomberg

Szene aus "Egmont"

Bühnenbild zu "Egmont", "Straßenscene", entworfen von Wilhelm Blomberg

Von Beethoven korrigierte Abschrift seiner Musik zu Johann Wolfgang von Goethes Trauerspiel "Egmont" op. 84

Aufführungen "Minna von Barnhelm" im November 1917

Aufführungen "Das Leben ein Traum" von Pedro Calderón de la Barca im Mai 1918

Aufführungen "Die Rabensteinerin" im Februar 1918

"Beethovens Haus", Gedicht zur Weihe des Beethoven-Hauses von Wildenbruch

Marionettentheater im April 1918

Marionettentheater im Mai 1919

Marionettentheater bei der "Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit" im März 1918

Katalog der "Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit" im März 1918, der auch in japanischer Sprache gedruckt wurde

"Pflanzen- und Samensammlung", zum Teil bestückt von Heinrich Thies

"Deutsche Ecke" bei der Provinzial-Ausstellung in Tokushima

Japanische Schulkinder besuchen das Lager

"Kunst und Gewerbeausstellung Kurume 1918"

"Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit", Bando

Letzte Ausgabe der Lagerzeitung

Seereise von Kobe nach Wilhelmshaven

Liederabend vom 1.2.1920

Gedenkstein

Die Macht der Musik

Das kulturelle Leben im deutschen Kriegsgefangenenlager Bando in Japan

Zurück

Im ersten Weltkrieg gerieten 4700 Verteidiger der deutschen Kolonie Kiautschou an der chinesischen Ostküste in japanische Kriegsgefangenschaft. Dass gerade in Zeiten solcher menschlicher Grenzerfahrung der Kultur als Kraftquelle eine gar nicht hoch genug einzuschätzende Bedeutung zukommt, lässt sich exemplarisch am Kriegsgefangenenlager Bando in Japan darstellen. Die Ausstellung kombiniert eine Auswahl der künstlerisch gestalteten Theater- und Konzertprogramme - unter anderem auch jenes der japanischen Erstaufführung von Beethovens 9. Symphonie am 1. Juni 1918 in Bando - mit Beethovens Handschriften einiger dort aufgeführter Werke. Fotos der Orchester- und Theateraufführungen sowie weitere Originaldokumente veranschaulichen das kulturelle Lagerleben.

Blick auf das eingezäunte Lagergelände
Programm der japanischen Erstaufführung der 9. Symphonie

Das deutsche Pachtgebiet Kiautschou in China

Karte des gesamten Koloniegebiets, gedruckt in Bando
Karte des gesamten Koloniegebiets, gedruckt in Bando

Dauerleihgabe von Familie Simon, Bergisch Gladbach, aus dem Nachlass des in Bando internierten Vaters Anton Müller

In der Kolonialpolitik des Deutschen Reiches spielte die Erschließung Ostasiens als wichtiges Handelsgebiet eine große Rolle. Die Ermordung zweier deutscher Missionare in China war für Kaiser Wilhelm II. ein willkommener Vorwand, 1897 die für einen Marinestützpunkt geeignet befundene Bucht von Kiautschou an der chinesischen Ostküste zu besetzen. Im März 1898 wurde mit China ein Pachtvertrag für das Kiautschou-Gebiet mit dem kleinen Fischerdorf Tsingtau für 99 Jahre geschlossen. Zum Schutz des deutschen Pachtgebiets bildete die Kaiserliche Marine das III. Seebataillon (Marineinfanterieeinheit), das durch Matrosen-Artillerie verstärkt in Tsingtau stationiert wurde. Innerhalb weniger Jahre wurde der Ort mit erheblichen finanziellen Mitteln zu einer prosperierenden Hafen-, Handels- und Universitätsstadt ausgebaut. Die Bevölkerung stieg in 11 Jahren von 15.600 auf 55.000, davon die Anzahl der Nichtchinesen von 2500 auf 4500. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs zog das Militär deutsche berufstätige Reservisten und Freiwillige aus ganz China in Tsingtau zusammen. Am 10. August 1914 stellte das mit England verbündete Japan ein unbeantwortet gebliebenes Ultimatum, in dem die vollständige Übergabe des Pachtgebiets verlangt wurde. Was folgte, war ein wochenlanger Kampf, zunächst mit örtlich begrenzten Gefechten, ab Ende Oktober mit Großangriffen der Belagerer, der schließlich mit der Kapitulation der ca. 5000 eingeschlossenen Soldaten - denen mittlerweile 60.000 Japaner gegenüberstanden - am 7. November 1914 sein Ende fand. Die Kolonie bestand also gerade einmal 16 Jahre.

Karte von Tsingtau und Umgebung mit militärischen Befestigungsanlagen (rot gekennzeichnet)
Karte von Tsingtau und Umgebung mit militärischen Befestigungsanlagen (rot gekennzeichnet)

Dauerleihgabe von Familie Simon, Bergisch Gladbach, aus dem Nachlass des in Bando internierten Vaters Anton Müller

Das provisorische Kriegsgefangenenlager im Tempel in Marugame

Die ca. 4700 transportfähigen Kriegsgefangenen (unter ihnen befand sich auch die 400 Mann starke österreichisch-ungarische Schiffsbesatzung der "Kaiserin Elisabeth") wurden mit drei Frachtdampfern nach Japan verschifft, die Reise dauerte je nach Zielort drei bis vier Tage. Da man damit rechnete, dass der Krieg - und damit auch die Internierung - nicht lange dauern würde, wurden die Kriegsgefangenen in Behelfslagern wie öffentlichen Bauten und Tempeln untergebracht. Eines dieser Tempellager war in Marugame, zwei weitere Lager befanden sich in Matsuyama und in Tokushima.

Pläne der drei Vorgängerlager
Pläne der drei Vorgängerlager

Dauerleihgabe von Familie Simon, Bergisch Gladbach, aus dem Nachlass des in Bando internierten Vaters Anton Müller

Die Fotos zeigen das Tempelgelände und die traditionellen japanischen Räume, die mit Tatami (Reisstrohmatten) ausgelegt waren, und als Schlaf-, Wohn- und Essplatz zugleich dienten.

Ansicht des Tempelgeländes
Ansicht des Tempelgeländes

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Tempellager Marugame bei Tage (1. v.r.: Rechtsanwalt Rudolf Mahnfeldt, der
Einführungen zu verschiedenen Konzerten schrieb, 2. v.r.: Heinrich Thies)
Tempellager Marugame bei Tage (1. v.r.: Rechtsanwalt Rudolf Mahnfeldt, der Einführungen zu verschiedenen Konzerten schrieb, 2. v.r.: Heinrich Thies)

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Nachtruhe: Man schlief auf Reisstrohmatten auf dem Boden, die Möbel
wurden unter die Decke gezogen.
Nachtruhe: Man schlief auf Reisstrohmatten auf dem Boden, die Möbel wurden unter die Decke gezogen.

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Da die Gefangenen nicht arbeiten mussten, konnten sie sich körperlich und geistig betätigen. Es gab Schauturnen, Konzerte der Marugamer Musikkapelle unter Leitung des Violinisten Paul Engel und Kammermusikabende.

Sportveranstaltung im Tempellager Marugame
Sportveranstaltung im Tempellager Marugame

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Marugamer Musikkapelle unter Leitung des Geigers Paul Engel
Marugamer Musikkapelle unter Leitung des Geigers Paul Engel

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Das provisorische Kriegsgefangenenlager im Tempel in Marugame

Musik im Tempellager Marugame

Kammermusikabend vom 18.2.1917 mit Beethovens "Frühlingssonate" op. 24 für Violine und Klavier

Im 1. Symphoniekonzert stand Beethovens 2. Klavierkonzert B-Dur op. 19 auf dem Programm. Ergänzend zu sehen sind Beethovens sorgfältige Niederschrift der Solostimme sowie eine Kadenz zum ersten Satz, die er für seinen Schüler Erzherzog Rudolph notierte.

Konzert vom 10.12.1916
Konzert vom 10.12.1916
Solostimme
Solostimme

Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H.C. Bodmer, HCB Mh 4

Kadenz
Kadenz

Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H.C. Bodmer, HCB Mh 13

Das Barackenlager in Bando

Die 12 provisorischen Lager wurden nach und nach aufgelöst, als klar wurde, dass ein baldiges Ende des Krieges nicht zu erwarten war und überdies auswärtige Beobachter Kritik an den z.T. unzureichenden, beengten und überbelegten Unterbringungen äußerten. Stattdessen wurden sechs architektonisch weitgehend identische größere Barackenlager neu erbaut: Kurume, Nagoya, Narashino, Aonogahara, Ninoshima und Bando. Im April 1917 wurden die ca. 1000 Gefangenen aus den drei auf der Insel Shikoku gelegenen Lagern Marugame, Matsuyama und Tokushima nach Bando (ca. 12 km von der Präfekturhauptstadt Tokushima entfernt, heute zur Stadt Naruto gehörend) verlegt.

Blick auf das mit doppeltem Stacheldraht eingezäunte Lagergelände
Blick auf das mit doppeltem Stacheldraht eingezäunte Lagergelände

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Karte des Lagers Bando von Joh. Jakoby, Stand 1.4.1919
Karte des Lagers Bando von Joh. Jakoby, Stand 1.4.1919

Dauerleihgabe von Familie Simon, Bergisch Gladbach, aus dem Nachlass des in Bando internierten Vaters Anton Müller

Haupttor zum Lager mit der charakteristischen Bogenlampe
Haupttor zum Lager mit der charakteristischen Bogenlampe

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Lagerkommandant wurde Matsue Toyohisa, der sich bereits in der Leitung des Lagers Tokushima bewährt hatte. Er verwaltete das Lager human und liberal, gestattete den Gefangenen vielerlei Aktivitäten und pachtete zusätzliche Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung und die Errichtung von Sportstätten an. Durch seine abgelegene Lage in einer bäuerlich-ländlichen Gegend, noch dazu auf einer Insel ohne Zugang zu einem internationalen Hafen, war die Fluchtgefahr sehr gering, weshalb man weniger streng als in anderen Lagern verfahren konnte. Dies hatte einen regen Kontakt mit der japanischen Landbevölkerung zur Folge. Seitens der japanischen Regierung wurde Bando denn auch bewusst als "Vorzeigelager" etabliert. Diese Sonderstellung wirkt zwar bis heute fort, ist aber eigentlich nicht wirklich begründbar. Auch in Kurume und Nagoya gab es ein Orchester, in Narashino ein Streichorchester, in allen Lagern gab es eine Lagerdruckerei.

Lagerkommandant Matsue Toyohisa
Lagerkommandant Matsue Toyohisa

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Kriegsgefangene in Bando, Heinrich Thies mit x bezeichnet
Kriegsgefangene in Bando, Heinrich Thies mit x bezeichnet

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Kriegsgefangene Offiziere, japanische Lageroffiziere und ein japanischer Dolmetscher
Kriegsgefangene in Bando, Heinrich Thies mit x bezeichnet

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Das Barackenlager in Bando

Aus Anlass der Aufnahme von 90 Kriegsgefangenen aus Kurume wurde im August 1918 ein "Fremdenführer" durch das Lager Bando gedruckt. Die aufgeschlagene Karte zeigt einen Rundgang, die Erläuterungen zu den Ziffern finden sich im Führer. Im Südwesten entstand ein Geschäftsviertel ("Budenviertel Tapautau" - so hieß eine Einkaufsstraße in Tsingtau), wo die Internierten ihr Handwerk ausübten und gegenseitig verschiedene Dienstleistungen sowie Lebens- und Genussmittel anboten.

Fremdenführer durch das Kriegsgefangenenlager Bando, Japan
Fremdenführer durch das Kriegsgefangenenlager Bando, Japan

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Weiterhin nennt der Führer die verschiedenen Musikgruppen des Lagers und gibt einen Überblick über die aufgeführten Theaterstücke. Es gab zwei aus jeweils 45 Musikern bestehende Orchester (Tokushima- und Engel-Orchester), zwei Blasmusikkapellen und zwei Chöre mit jeweils 60 Sängern.

Tokushima-Orchester mit seinem Leiter Hermann Richard Hansen im Musikpavillon im Lager
Deutsches Haus Naruto
Paul Engel mit seinem Orchester
Paul Engel mit seinem Orchester

Deutsches Haus Naruto

Blaskapelle der M.A.K. (Matrosen-Artillerie Kiautschou) mit ihrem Leiter Hermann Richard Hansen
Blaskapelle der M.A.K. (Matrosen-Artillerie Kiautschou) mit ihrem Leiter Hermann Richard Hansen

Deutsches Haus Naruto

Blaskapelle Schulz
Blaskapelle Schulz

Deutsches Haus Naruto

Tokushima-Orchester und Chor mit Hermann Richard Hansen
Tokushima-Orchester und Chor mit Hermann Richard Hansen

Deutsches Haus Naruto

Das Barackenlager in Bando

Konzerte mit Werken von Beethoven

In Bando gab es zwei Druckereien: die Steindruckerei und die Lagerdruckerei, aus der die meisten Publikationen stammen. Im Gegensatz zum Hektographie-Verfahren mit Matrizen, das man in Marugame verwendet hatte, bediente man sich in Tokushima und in der Folge auch in Bando eines komplizierteren Wachsblatt-Vervielfältigungsverfahrens. Dieses ermöglichte die Herstellung der eindrucksvollen, mehrfarbigen Programme, Postkarten, Landkarten, lagerinterner Briefmarken und Lagergeld, ja sogar von Büchern und Broschüren. Die vielfarbigen Veranstaltungsprogramme sind wertvolles historisches Material, das ein eindrucksvolles Bild der vielseitigen kulturellen Aktivitäten im Lager vermittelt. In den rund 32 Monaten der Kriegsgefangenschaft in Bando lassen sich über 100 Konzerte, Kammermusik-, Lieder- und Unterhaltungsabende nachweisen. Zudem wurden mindestens 21 Theaterstücke z.T. mehrfach hintereinander aufgeführt. Für die Aktiven war die Mitgliedschaft in Orchester, Chor oder Theatergruppe eine Möglichkeit, der Langeweile zu entfliehen (die Kriegsgefangenen mussten keiner Zwangsarbeit nachgehen) und einem "Lagerkoller" vorzubeugen; für die Zuhörer boten die kulturellen Veranstaltungen eine angenehme Unterbrechung des Lageralltags. Die Instrumente hatten die Musiker zum Teil aus China in die Internierung mitgenommen; weitere wurden entweder regulär gekauft, in der Lagertischlerei hergestellt oder von in Japan in Freiheit lebenden deutschen Privatleuten oder japanischen Militärs gespendet. Zum allergrößten Teil wurden gemischte Unterhaltungsprogramme mit leichter Musik gespielt: damals beliebte und bekannte Stücke aus Wiener Operetten von Johann Strauß, Franz von Suppé und Carl Zeller, Märsche und Walzer von Zeitgenossen wie den Berlinern Leon Jessel und Paul Lincke (letzterer bekannt als Vater der "Berliner Operette" durch den Titel "Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft" aus der erfolgreichen "Frau Luna"), aber auch Ouvertüren von Offenbach und Rossini. Nur 18 der 68 vorliegenden Programme boten anspruchsvollere, im engeren Sinne "klassische" Konzerte, darunter sieben Kammermusikabende. Von letzteren waren zwei reine Beethoven-Abende, ein weiterer enthielt Werke Beethovens. Unter den verbleibenden 11 Symphoniekonzerten sind allerdings eindrucksvolle vier reine Beethoven-Programme, weitere zwei Konzerte enthalten zumindest Werke von Beethoven. Die Rezeption des Nationalheiligen, des Heroen und Titanen Beethoven entsprach der patriotischen Gesinnung der Kriegsgefangenen.

Konzert vom 21.10.1917 mit Egmont-Ouvertüre
Konzert vom 21.10.1917 mit Egmont-Ouvertüre

Programmabfolge

Konzert vom 9.12.1917 mit Prometheus-Ouvertüre
Konzert vom 9.12.1917 mit Prometheus-Ouvertüre

Programmabfolge

Aus Anlass der Anwesenheit des im japanischen Kobe lebenden Komponisten Hans Ramseger wurden sein Vorspiel und Ouvertüre zu "Chushingura" aufgeführt. Diese in Japan jedermann bekannte Volkslegende wurde u.a. auch im Kabuki-Theater gepflegt und war 1907 erstmals verfilmt worden. Außerdem spielte das Orchester von Paul Engel Carl Maria von Webers "Freischütz" und Beethovens Egmont-Ouvertüre op. 84, die bereits drei Wochen zuvor aufgeführt worden war. Wie schon durch Beethoven selbst, erklang seine Musik auch zu wohltätigen Zwecken, hier zu Gunsten der lagereigenen Krankenkasse die Prometheus-Ouvertüre op. 43.

Konzert vom 24.2.1918 mit 4. Symphonie und
3. Leonoren-Ouvertüre
Konzert vom 24.2.1918 mit 4. Symphonie und 3. Leonoren-Ouvertüre

Einführungstext

Das Tokushima-Orchester spielte in einem Beethoven-Abend vermutlich die japanische Erstaufführung der 4. Symphonie op. 60; dazu gab es einen Einführungstext, dem Max Chops Publikation über "Ludwig van Beethovens Symphonien" von 1910 zugrunde liegt. Der Oberhoboistenmaat (Obermaat ist die Dienstgradbezeichnung der Kaiserlichen Marine, Hoboist ein Militärmusiker) Hermann Richard Hansen aus Flensburg leitete sowohl die Kapelle der M.A.K. (Matrosen-Artillerie Kiautschou) als auch das Tokushima-Orchester. Er spielte Violine und mehrere Blasinstrumente.

Das Barackenlager in Bando

Konzerte mit Werken von Beethoven

Im Beethoven-Kammermusikabend vom 3. Februar 1918 wurde außer einer Übertragung des Bläserquintetts op. 16 für Klavierquartett die "Kreutzer-Sonate" op. 47 gegeben, deren Originalhandschrift zu sehen ist.

Konzert vom 3.2.1918 mit "Kreutzer-Sonate"
Konzert vom 3.2.1918 mit "Kreutzer-Sonate"

Programmabfolge

Beethovens Handschrift des 1. Satzes der Sonate für Violine und Klavier op. 47
Beethovens Handschrift des 1. Satzes der Sonate für Violine und Klavier op. 47

Beethoven-Haus Bonn, NE 86

Konzert vom 14.4.1918 mit drei Klaviersonaten
Konzert vom 14.4.1918 mit drei Klaviersonaten

Programmabfolge

Ende April 1918 spielte das Engel-Orchester Beethovens 5. Symphonie, die im vorangegangenen Jahr bereits im musikalisch besonders aktiven Lager Kurume aufgeführt worden war. Dort fanden auch die japanischen Erstaufführungen der 8. (1916) und der 7. Symphonie (1919) statt.

Konzert vom 28./29.4.1918 mit 5. Symphonie
Konzert vom 28./29.4.1918 mit 5. Symphonie

Programmabfolge

Paul Engel gab im Lager Musikunterricht und es war ihm gestattet, zweimal pro Woche japanische Schüler außerhalb des Lagers zu unterrichten. Nach der durch die Amerikaner erzwungenen Öffnung des Landes in den 1860er Jahren war es zu einer tief greifenden Modernisierung des Landes nach westlichem Vorbild gekommen. Dazu gehörte auch eine breite und intensive Pflege westlicher Musik, die in Japan Mitte des 16. Jahrhunderts durch portugiesische Missionare eingeführt worden war.

Paul Engel
Paul Engel

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

"Musikseminar Paul Engel" - Engel mit seinen japanischen Schülern<
"Musikseminar Paul Engel" - Engel mit seinen japanischen Schülern

Deutsches Haus Naruto

Das Barackenlager in Bando

Die japanische Erstaufführung der 9. Symphonie op. 125 in Bando

Bereits ein gutes Jahr vor der Erstaufführung am 1. Juni 1918 stand die Ode "An die Freude" - natürlich in einer Bearbeitung für Männerstimmen - auf einem Programm des Tokushima-Orchesters, in dem einmal mehr auch der von Paul Engel komponierte Tsingtau-Kämpfer-Marsch erklungen war.

Konzert vom 10.6.1917 mit Finalsatz der 9. Symphonie

Für die komplette Aufführung wurde laut Mitteilungen im "Täglichen Telegramm-Dienst Bando" seit dem 3. April geprobt, am 31. Mai gab es eine öffentliche Generalprobe mit dem 80 Mann starken Chor. Wie die meisten Konzerte fand auch dieses wohl in der "Mehrzweckhalle" - der "Baracke 1" - statt.

Vortragsraum in der Baracke 1: Hier wurden Vorträge gehalten, Konzerte gegeben und Theater gespielt.
Vortragsraum in der Baracke 1: Hier wurden Vorträge gehalten, Konzerte gegeben und Theater gespielt.

Deutsches Haus Naruto

Das Konzertprogramm ist bezeichnenderweise mit der 1902 in der Ausstellung der Wiener Secession erstmals gezeigten Beethoven-Statue von Max Klinger illustriert, die den Komponisten als antiken Gott stilisiert. Das Originalmodell Klingers ist im Pavillon im Hof des Beethoven-Hauses zu besichtigen. Der Odentext war dem Programm beigegeben, die Mitwirkenden erhielten zur Erläuterung des Werks eine schriftliche Einführung, die wiederum auf der Analyse von Max Chop beruht. Bei dem ausführlichen gedruckten Text über die Symphonie handelt es sich möglicherweise um die Niederschrift eines Vortrags. Er ist von Wagners Beethoven-Bild geprägt und gibt in Auszügen auch das von jenem formulierte "Programm" wieder.

Konzert vom 1.6.1918 mit der vollständigen 9. Symphonie
Konzert vom 1.6.1918 mit der vollständigen 9. Symphonie

Programmabfolge

In der wöchentlich (später monatlich) herausgegebenen Lagerzeitung "Die Baracke" erschien im Gegensatz zu anderen Konzerten zwar keine Rezension, aber in den nächsten zwei Ausgaben eine lange kulturwissenschaftliche Abhandlung von Peter Spurzem mit dem Untertitel "Schiller - Beethoven - Goethe".

Artikel in "Die Baracke" Nr. 10 und 11 vom 2. und 9.6.191

Kurze Zeit später wurde die Symphonie auch in den Lagern Kurume und Narashino aufgeführt. Ihren "Siegeszug" in Japan konnte "Daiku", Nummer Neun, wie die Japaner sie nennen, allerdings erst nach Kriegsende antreten. Erst durch Aufführungen außerhalb der Lager wie z.B. in der Mädchenschule Kurume konnte das Werk allgemein bekannt werden. Es erfreut sich seither einer ungebrochenen Popularität und alljährlich einer Vielzahl von Massenaufführungen. Die ausgestellte Beethoven-Handschrift mit einem Teil der Coda des 2. Satzes ist heute Bestandteil des von der UNESCO definierten "Memory of the World".

Beethovens Handschrift der Coda des 2. Satzes der 9. Symphonie
Beethovens Handschrift der Coda des 2. Satzes der 9. Symphonie

Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H.C. Bodmer, HCB Mh 2

Das Barackenlager in Bando

Weitere Konzerte mit Werken von Beethoven

Konzert vom 22./23.2.1919 mit 1. und 5. Symphonie
Konzert vom 22./23.2.1919 mit 1. und 5. Symphonie

Programmabfolge

Kammermusikabend vom 26.3.1919 mit Violinsonate op. 30 Nr. 2
Kammermusikabend vom 26.3.1919 mit Violinsonate op. 30 Nr. 2

Programmabfolge

Bei ihrer Wiederaufnahme wurde die 5. Symphonie mit der 1. Symphonie kombiniert. Das Konzert wurde in der Lagerzeitung rezensiert. Im Kammermusik-Konzert vom 26. März 1919 wurde die Violinsonate op. 30 Nr. 2 gespielt, deren Originalhandschrift sich in der Sammlung des Beethoven-Hauses befindet.

Beethovens Handschrift der Sonate für Violine und Klavier c-Moll op. 30 Nr. 2
Beethovens Handschrift der Sonate für Violine und Klavier c-Moll op. 30 Nr. 2

Beethoven-Haus Bonn, Sammlung H.C. Bodmer, HCB Mh 26

Zu sehen ist der Beginn des 3. Satzes. Beethoven hat später mit Rötel ergänzt: "la prima parte senza repetitione". Der erste Teil des Scherzos sollte also nicht wiederholt werden.

Das Barackenlager in Bando

Weitere Konzerte mit Werken von Beethoven

Konzert vom 28.9.1919 mit Klaviertrio op. 11
Konzert vom 19./20.10.1919 mit 6. Symphonie und Violinkonzert

Fast ein Jahr nach Kriegsende - die Abwicklung und die logistischen Herausforderungen zogen die Heimkehr in die Länge - veranstaltete man mehrere Wohltätigkeitskonzerte zu Gunsten der notleidenden Kriegsgefangenen in Sibirien.
Das Engel-Orchester gab seinen 2. Beethoven-Abend mit dem Violinkonzert op. 61 (Solist war Paul Engel, das Orchester wurde von Willy Werner dirigiert, der auch einen Chor leitete) und der 6. Symphonie. Außer der eigenhändigen Partitur dieses außergewöhnlichen Werkes befindet sich in der Sammlung des Beethoven-Hauses auch jene vom Komponisten überprüfte und mit vielen Rötelkorrekturen versehene Abschrift, die als Vorlage für den Erstdruck diente.

Von Beethoven korrigierte Abschrift der 6. Symphonie op. 68 (Pastorale)
Von Beethoven korrigierte Abschrift der 6. Symphonie op. 68 (Pastorale)

Beethoven-Haus Bonn, NE 146

Beethoven gab diese Abschrift im September 1808 in Wien seinem Leipziger Verleger Gottfried Christoph Härtel mit. Zu sehen sind zwei Seiten zur "Szene am Bach" mit Ergänzungen des Komponisten mit Rotstift. Die Partitur diente als Vorlage für den Erstdruck, der 1809 in Stimmen und 1826 in Partiturform erschien. Wahrscheinlich wurde auch in Bando Notenmaterial dieses Verlags benutzt. Dessen Beethoven-Ausgaben waren in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts die weltweit verbreitetsten.

Das Barackenlager in Bando

Weitere Konzerte

Im März 1919 wurde in Tokushima ein öffentliches deutsch-japanisches Konzert mit dem Engel-Orchester gegeben. Vermutlich rekrutierten sich die japanischen Mitwirkenden aus Engels Schülern. Aufgeführt wurden u.a. Auszüge aus Verdis "La traviata" und japanische Lieder. Das Foto zeigt nicht das Engel-Orchester, sondern das Tokushima-Orchester unter Hermann Richard Hansen, das ebenfalls in Tokushima konzertierte.

Öffentliches Konzert im März 1919
Öffentliches Konzert im März 1919

Programmabfolge

Tokushima-Orchester
Tokushima-Orchester

Deutsches Haus Naruto

Zu allen patriotischen Anlässen wurden Konzerte mit Militärmusik veranstaltet. Beispiele sind das Konzert zur 4-jährigen Wiederkehr des Sieges bei Tannenberg (Ostpreußen) mit "Hoch Hindenburg" und dem Chorsatz "Wir müssen siegen" vom Kapellmeister Hansen unter Beteiligung des Moltrecht-Chors und einer weiteren Spielmannskapelle sowie das Konzert zum Geburtstag des Kaisers. Dieses vollzog als Themenkonzert einen Gang durch die Geschichte des Militärmarschs vom 13. bis ins 19. Jh. und enthielt auch Beethovens "York'schen Marsch" WoO 18.

Konzert vom 28.8.1918
Konzert vom 27.1.1918
Konzert vom 27.1.1918

Programmabfolge

Das Barackenlager in Bando

Weitere Konzerte

Zur Einweihung des Bandoer Stadtparks spielte die M.A.K.-Kapelle populäre Märsche des Militärmusikers Carl Teike. Natürlich gab es auch Weihnachtskonzerte, 1918 spielte die M.A.K.-Streichmusik ein von Hansen zusammengestelltes "Weihnachtspotpourri".

Konzert vom 23.3.1919
Konzert vom 22.12.1918
Konzert vom 25.8.1919
Bunter Abend im Juli 1919
Bunter Abend im Juli 1919

Komposition von Hansen

Gemeinsam mit sechs weiteren Gefangenen aus Schleswig-Holstein wurde Hansen bereits am 26. August 1919 entlassen, um an der Abstimmung über die Zugehörigkeit Schleswigs zu Deutschland oder Dänemark teilnehmen zu können. Am Vorabend gab er sein Abschiedskonzert. Auch an mehreren "Bunten Abenden" wirkten Musikgruppen mit. Ende Juli 1919 erklang das in der Lagerzeitschrift abgedruckte Couplet von Hansen "Warum denn diese Eile, wir warten noch' ne Weile".

Das Barackenlager in Bando

Theater in Bando

Kultur wurde in den Kriegsgefangenenlagern auch in anderen Bereichen gepflegt. Verbreitet war das Theaterspiel, wobei zur Ablenkung vom Gefangenendasein vor allem Komödien gespielt wurden. Es standen aber auch anspruchsvollere Stücke auf dem Programm. Da die Bühne in Baracke 1 erst später gebaut wurde, wich man für Schillers "Räuber" noch auf eine Freilichtaufführung aus. Die weiblichen Rollen mussten natürlich mit Männern besetzt werden.

Aufführung vom 10.7.1917
Gruppenfoto der Darsteller in Schillers "Die Räuber"
Deutsches Haus Naruto
Die Zuschauer saßen auf dem "Signalberg", die Bühne befand sich jenseits des Sees

Das Barackenlager in Bando

Theater in Bando

Bei den meisten Stücken beteiligten sich die Lagerorchester oder Teile von ihnen mit Ouvertüren und Zwischenaktmusiken. Ein Höhepunkt war sicher die fünf Mal wiederholte Vorstellung von Goethes Trauerspiel "Egmont" mit der Bühnenmusik von Beethoven.

Aufführungen im Februar 1919
Aufführungen im Februar 1919

Programm

Die Sammlung von Bühnenbildern, die in der letzten Ausgabe der "Baracke" wiedergegeben ist, belegt das Engagement und die Kunstfertigkeit der Theaterenthusiasten unter den Gefangenen. Zu "Egmont" druckte die Lagerzeitung eine Einführung, die den im Werk thematisierten Freiheitsgedanken und Heldentod mit der eigenen Situation als Kriegsgefangene verglich. Der Rezensent betont zwar die unvermeidbaren Mängel der Aufführungen durch die Umstände im Lager, stellt aber das Gelungene besonders heraus. Möglicherweise war Hansen der Autor der ausführlichen Erläuterung der Schauspielmusik.

Bühnenbild zu "Egmont", "Straßenscene", entworfen von Wilhelm Blomberg
Bühnenbild zu "Egmont", "Straßenscene", entworfen von Wilhelm Blomberg

Arbeit am Bühnenbild

Diese Abschrift enthält nicht nur Korrekturen des Komponisten im Notentext, sondern auch viele Regieanweisungen, die die Musik mit dem Schauspiel verbinden.

Von Beethoven korrigierte Abschrift seiner Musik zu Johann Wolfgang von Goethes Trauerspiel "Egmont" op. 84
Von Beethoven korrigierte Abschrift seiner Musik zu Johann Wolfgang von Goethes Trauerspiel "Egmont" op. 84

Beethoven-Haus Bonn, NE 64

Bühnenbild zu "Egmont", "Zimmer der Regentin", entworfen von Wilhelm Blomberg
Bühnenbild zu "Egmont", "Zimmer der Regentin", entworfen von Wilhelm Blomberg

"Kerker"

Szene aus "Egmont

Zu sehen ist der Beginn der letzten Musiknummer mit Beethovens Überschrift: "Egmont • schüzt eure Güter! und euer liebstes zu erretten, fallt Freudig, wie ich euch ein beyspiel gebe' nach diesen Worten fällt das Orchester rasch und feurig ein - ". Das Trauerspiel ist schon vom Dichter so angelegt, dass die Musik einen elementaren Bestandteil des Dramas darstellen soll. Nach dem Fallen des Vorhangs schrieb Goethe vor: "die Musik fällt ein und schließt mit einer Siegessymphonie das Stück". Beethovens Anweisungen gehen an vielen Stellen über Goethes Vorstellungen hinaus. Der Dichter urteilte: "Beethoven ist mit bewundernswertem Genie in meine Intention eingegangen".

Das Barackenlager in Bando

Theater in Bando

Das Programm zu Lessings "Minna von Barnhelm" weist auf das von der japanischen Lagerleitung erlassene Applaudierverbot hin. Zum Calderonschen Versdrama "Das Leben ein Traum" erschien ein ausführlicher Einführungstext.

Aufführungen "Minna von Barnhelm" im November 1917
Aufführungen "Minna von Barnhelm" im November 1917

Programm

Aufführungen "Das Leben ein Traum" von Pedro Calderón de la Barca im Mai 1918
Aufführungen "Das Leben ein Traum" von Pedro Calderón de la Barca im Mai 1918

Bühnenbild, entworfen von Wilhelm Blomberg

Der Dichter der "Rabensteinerin", Ernst von Wildenbruch, hatte 1891 ein Gedicht zur Weihe des Beethoven-Hauses verfasst, das bei der feierlichen Eröffnung des Geburtshauses als Gedenkstätte für den größten Sohn der Stadt Bonn im Mai 1893 vorgetragen wurde. Das emphatische Gedicht endet: "Nicht seinen Namen komm' ich, zu nennen,/denn er steht in den Sternen geschrieben,/Euch zu weisen komm' ich, Euch Alle,/ihn mit inniger Liebe zu lieben."

Aufführungen "Die Rabensteinerin" im Februar 1918
Aufführungen "Die Rabensteinerin" im Februar 1918

Bühnenbild, entworfen von Wilhelm Müller

"Beethovens Haus", Gedicht zur Weihe des Beethoven-Hauses von Wildenbruch
"Beethovens Haus", Gedicht zur Weihe des Beethoven-Hauses von Wildenbruch

Beethoven-Haus Bonn, BH 239

Das Barackenlager in Bando

Theater in Bando

Im Lager wurde auch Puppentheater mit kunstvoll von Hand geschnitzten Marionetten gespielt. Die "Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit" im März 1918 zeigte außer den aufwändig in den Lagerwerkstätten hergestellten Theaterrequisiten und Kostümen auch das Marionettentheater.

Marionettentheater im April 1918
Marionettentheater im April 1918

Programm

Marionettentheater im Mai 1919
Marionettentheater im Mai 1919

Szene aus "Das Puppenspiel von Doktor Faust"

Marionettentheater bei der "Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit" im März 1918
Marionettentheater bei der "Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit" im März 1918

Deutsches Haus Naruto

Das Barackenlager in Bando

Ausstellungen in den Kriegsgefangenenlagern

Katalog der "Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit" im März 1918, der auch in japanischer Sprache gedruckt wurde
Katalog der "Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit" im März 1918, der auch in japanischer Sprache gedruckt wurde

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Die Gemeinde Bando stellte für die Ausstellung ihre Versammlungshalle mit großen Nebengebäuden und Außengelände zur Verfügung. Die Kriegsgefangenen präsentierten über 450 Exponate, wovon die meisten verkäuflich und nachbestellbar waren. Der Bereich "Bildkunst" umfasste über 200 Kreide-, Kohle-, Tusche- und Aquarellzeichnungen sowie einige Ölbilder. Der Bereich "Handfertigkeit" gliederte sich in 11 Unterabteilungen wie z.B. Schiffbau, Kinderspielsachen, Lebensmittel, aber auch Musikinstrumente (mit 7 Exponaten) und Sammlungen von ausgestopften Tieren und präparierten Pflanzen, ein Hobby, dem Heinrich Thies nachging.

"Pflanzen- und Samensammlung", zum Teil bestückt von Heinrich Thies
"Pflanzen- und Samensammlung", zum Teil bestückt von Heinrich Thies

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

"Deutsche Ecke" bei der Provinzial-Ausstellung in Tokushima
"Deutsche Ecke" bei der Provinzial-Ausstellung in Tokushima

Deutsches Haus Naruto

Die Ausstellung stieß auf großes öffentliches Interesse, 19 Dolmetscher führten
über 50.000 Besucher, worunter auch viele Schulklassen waren.

Japanische Schulkinder besuchen das Lager
Japanische Schulkinder besuchen das Lager

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Auch die anderen Lager veranstalteten solche Ausstellungen, wie der Ausstellungskatalog aus Ninoshima und die Postkarte aus Kurume belegen. Solche Postkarten wurden zu allen besonderen Gelegenheiten in den Lagerdruckereien gedruckt und mit Einheitstextstempeln versehen. Das vereinfachte die Zensur und trug so wesentlich zu einer schnelleren Laufzeit bei.

"Kunst und Gewerbeausstellung Kurume 1918"
"Kunst und Gewerbeausstellung Kurume 1918"

Leihgabe von Prof. Peter Pantzer

"Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit", Bando
"Ausstellung für Bildkunst und Handfertigkeit", Bando

Leihgabe von Prof. Peter Pantzer

Das Barackenlager in Bando

Ende der Kriegsgefangenschaft

Hier sind Dokumente zur Heimkehr der Kriegsgefangenen zu sehen. In Erwartung der baldigen Abreise erschien die letzte Ausgabe der "Baracke" im September 1919. Es dauerte allerdings noch bis Jahresende, bis die japanische Regierung den Heimtransport mit sechs gecharterten Frachtschiffen organisiert hatte.

Letzte Ausgabe der Lagerzeitung
Letzte Ausgabe der Lagerzeitung

Rücktitel der letzten Ausgabe

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Die Gefangenen aus Bando reisten auf der "Hofuku Maru", die am 30. Dezember in Kobe ablegte und 56 Tage später, am 24. Februar 1920, in Wilhelmshaven einlief. Die Gerätschaften der Lagerdruckerei hatte man mit auf die Reise genommen, an Bord erschienen sechs Ausgaben der Zeitschrift "Die Heimkehr". Die erste vom 8. Januar 1920 enthielt als Beilage diese Karte. Der bis zu diesem Zeitpunkt zurückgelegte Reiseweg ist mit roten Punkten gekennzeichnet, die weitere Route hat der Matrose Anton Müller mit Bleistift eingetragen.

Seereise von Kobe nach Wilhelmshaven
Seereise von Kobe nach Wilhelmshaven

Dauerleihgabe von Familie Simon, Bergisch Gladbach, aus dem Nachlass des in Bando internierten Vaters Anton Müller

Auf dem Schiff wurde ein Liederabend veranstaltet, auf dessen Programm auch eine Bearbeitung des Andante-Satz aus der Klaviersonate "Appassionata" op. 57 für Männerchor von Friedrich Silcher ("Hymne an die Nacht") stand.

Liederabend vom 1.2.1920

Als bleibende Erinnerung an die in der Gefangenschaft verstorbenen acht Soldaten war ein Gedenkstein auf dem Lagergebiet errichtet worden, der im Fotoalbum von Heinrich Thies zu sehen ist. Am 8. Februar 1920 wurde das Lager offiziell geschlossen und später von der japanischen Armee als Truppenübungsplatz genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente es der Unterbringung von Heimkehrern aus Übersee.

Gedenkstein
Gedenkstein

Leihgabe von Ingeborg Esser aus dem Nachlass ihres in Bando internierten Vaters Heinrich Thies

Erst in den 1960er Jahren kam eine Wiederaufnahme der Beziehungen zwischen ehemaligen Kriegsgefangenen und der Bevölkerung von Bando zustande. 1972 wurde auf dem ehemaligen Lagergelände das "Deutsche Haus Naruto" als Erinnerungsstätte und Museum eingerichtet, die Exponate werden seit Oktober 1993 in einem größeren Neubau der Öffentlichkeit präsentiert. Alljährlicher Höhepunkt der Veranstaltungen ist seit 1982 die feierliche Aufführung von Beethovens 9. Symphonie am 1. Juni.

Impressum


Herausgeber:
Beethoven-Haus Bonn
Bonngasse 24-26
D-53111 Bonn
Deutschland

Inhalte der Internet-Ausstellung:
Dr. Nicole Kämpken
Dr. Michael Ladenburger

Fotos:
Boris Goyke
Klaus Weidner