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Johann Peter Salomon

Gästebuch der Bonner Lesegesellschaft, 1788-1821 Lese- und Erholungsgesellschaft Bonn

Brief vom 28. Juni 1792

Übertragung der "Militär-Sinfonie" für Klaviertrio

Stammbucheintrag von Christoph von Breuning, 28. Oktober 1792 Original: Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Schmuckblatt mit Bonner Musikern

Klaviervariationen über "God save the king" (C-Dur) WoO 78

Klaviervariationen über "Rule Britannia" (D-Dur) WoO 79

Kalkulation, Januar 1810

Überprüfte Abschrift der 53 Volksliedbearbeitungen für Singstimme, Violine, Violoncello und Klavier, 1810

Frontispiz "St. Cecilia" des 1. Bandes der "Irischen Lieder"

Originalausgabe der "Walisischen Lieder", 3. Band, 1817

Brief an George Thomson, 11. März 1818

Originalausgabe der "Schottischen Lieder", 5. Band, 1818

Überprüfte Abschrift der Schottischen Lieder für Singstimme, Klavier, Violine und Violoncello op. 108 für die deutsche Ausgabe

Zweisprachige Ausgabe der "Schottischen Lieder" op. 108

Eigenhändige Niederschrift der Variationen op. 107 Nr. 6 und 7, Thema "Schöne Minka"

Variierte Themen für Klavier und Flöte, 1819

Muzio Clementi (1752-1832)

Kadenzen zu Klavierkonzerten, komponiert im Stil berühmter Komponisten, André, Offenbach 1787

Drei Klaviersonaten op. 25

Ludwig van Beethoven, Septett op. 20 in einer Bearbeitung als Streichquintett

Klavierfassung des Violinkonzerts (D-Dur) op. 61 Royal College of Music, London

Streichquartett (Es-Dur) op. 74

Überprüfte Abschrift der Klavierfassung des Violinkonzerts (D-Dur) op. 61

Klavierfassung des Violinkonzerts (D-Dur) op. 61

Eigenhändige Kadenz, Klavierstimme

Eigenhändige Kadenz, Paukenstimme

Brief an Ferdinand Ries in London, 28. Februar 1816

Ferdinand Ries (1784-1838)

Eigentumsbestätigung und Quittung für Robert Birchall, 9. März 1816

Briefkonzept von Christopher Lonsdale an Beethoven, 8. November 1816

Trio für Klavier, Violine, Violoncello (B-Dur) op. 97

Eigenhändiges Titelblatt der Überprüften Abschrift der Diabelli-Variationen op. 120

Herzog von Wellington

Brief an George Smart in London, 16. und 19. März 1815

Serie von Anschlagzetteln für die Aufführungen von op. 91 im Theatre Royal Drury Lane in London

Anschlagzettel für die Aufführung am 23. Juni 1830 im King's Theatre

George Augustus Frederick, Prinzregent und späterer König von England (1762-1830)

Brief an Johann Peter Salomon in London, 1. Juni 1815

Englische Originalausgabe des Klavierauszugs op. 91

Deutsche Originalausgabe des Klavierauszugs op. 91

Erste Partiturausgabe der 2. Sinfonie op. 36, Cianchettini & Sperati, London 1808

Thematischer Katalog der bei Preston veröffentlichten Werke Beethovens, 1823

Sechs leichte Variationen für Klavier über ein eigenes Thema (G-Dur) WoO 77, Monzani & Hill, London ca. 1813

Hammerflügel von Thomas Broadwood, 1817

Brief an Graf Moritz von Lichnowsky, Anfang Februar 1818

Protokollbuch des Vorstands der Philharmonic Society, 1822 to 1837, Eintrag vom 10. November 1822

Brief an Charles Neate, 25. Februar 1823

Empfangsbestätigung mit eigenhändiger Unterschrift Beethovens, 27. April 1824

Vom Komponisten überprüfte Abschrift der 9. Sinfonie, 1824

Fehlerverzeichnis zur 9. Sinfonie, 27. Januar 1825

Programm der englischen Erstaufführung von Beethovens 9. Sinfonie am 21. März 1825 mit handschriftlichen Vermerken von George Smart

Sir George Thomas Smart (1776-1876)

Kanon "Ars longa, vita brevis"

Brief an Ignaz Moscheles, 22. Februar 1827

Ignaz Moscheles (1794-1870)

Sebastian Rau an Ignaz Moscheles, 17. März 1827

Beethoven auf dem Sterbebett, März 1827, Zeichnung von Josef Teltscher (1801-1837)

Joseph Joachim (1831-1907)

Charles Hallé (1819-1895)

Unterschrift der englischen Königin Victoria auf der Stiftungsurkunde für das Bonner Beethoven-Denkmal, 1845

Die Enthüllung des Beethoven-Denkmals von Ernst Julius Hähnel auf dem Bonner Münsterplatz

Beethoven und Großbritannien

"Wo man Ihre Compositionen allen andern vorzieht"

Zurück

Beethoven unterhielt zahlreiche Kontakte auf die britische Insel, wo seine Musik hoch geschätzt wurde. Er verkaufte seine Kompositionen an Geschäftspartner in London und Edinburgh, die ihn auch um bestimmte Werke, etwa Volksliedbearbeitungen oder eine Klavierfassung des Violinkonzerts, baten. Sehr für Beethoven eingesetzt haben sich in London zwei ehemalige Bonner: der im späteren Beethoven-Haus geborene Johann Peter Salomon, der als Geiger und Konzertveranstalter eine wichtige Rolle im Londoner Konzertleben spielte, sowie Beethovens Schüler und zeitweiliger Sekretär Ferdinand Ries. Letzterer war einer der Direktoren der 1813 gegründeten Philharmonic Society, die Beethoven mehrfach einlud, nach London zu kommen und von ihr in Auftrag gegebene neue Werke uraufzuführen. Eine Reise auf die Insel kam aber nie zustande. Die von der Philharmonic Society bestellte 9. Sinfonie erklang dann doch zuerst in Wien.
Zum Beethovenfest 2007 zeigte das Beethoven-Haus in Kooperation mit der British Library, London eine Sonderausstellung, die die vielfältige Thematik veranschaulicht.

Variierte Themen für Klavier und Flöte, hrsg. von George Thomson, Preston, London und Thomson, Edinburgh 1819

Vorgeschichte

Johann Peter Salomon ebnet den Weg

Johann Peter Salomon
Johann Peter Salomon

Kupferstich von Georg Siegmund Facius nach einem Gemälde von Thomas Hardy, 1792
Beethoven-Haus Bonn, B 114

Der Geiger Johann Peter Salomon (1745-1815) wurde wie Ludwig van Beethoven in Bonn geboren und wohnte als Kind im heutigen Beethoven-Haus. Wie Beethoven 24 Jahre später wurde auch er als 13-Jähriger in die kurfürstliche Bonner Hofkapelle aufgenommen. Später wurde er Konzertmeister des Prinzen Heinrich von Preußen. Etwa im Jahr 1780 ließ Salomon sich in London nieder, wo er bis zu seinem Tod eine führende Rolle im Musikleben spielte. Er war mit großem Erfolg als Violinvirtuose, Orchesterleiter und als Konzertunternehmer tätig und gehörte auch zu den Gründungsvätern der Philharmonic Society. Salomon setzte sich gemeinsam mit George Smart und Ferdinand Ries sehr dafür ein, dass Beethovens Musik in England noch bekannter wurde; wegen Verlagsangelegenheiten korrespondierte er in späteren Jahren gelegentlich mit Beethoven in Wien. Beethoven war über seinen Tod sehr betrübt: "Salomons Tod schmerzt mich sehr, da er ein edler Mensch war, dessen ich mich von meiner Kindheit erinnere."

Gästebuch der Bonner Lesegesellschaft, 1788-1821 Lese- und Erholungsgesellschaft Bonn

Während seiner erfolgreichen Tätigkeit als "head hunter" gelang es Salomon, den hochberühmten Joseph Haydn aus Wien in die britische Hochburg der Musik zu holen, und zwar gleich zweimal (1791/92 und 1794/95). Dieser bleibende Verdienst wurde sogar auf seiner Grabplatte verewigt: "He brought Haydn to England in 1791 and 1794". Die erste gemeinsame Reise führte über seine Heimatstadt Bonn, wo nach wie vor ein Teil der Familie lebte. Beethovens Geigenlehrer Franz Anton Ries führte Joseph Haydn als Gast am 1. Weihnachtsfeiertag 1790 in die drei Jahre zuvor gegründete Lesegesellschaft ein. Sicherlich war auch Salomon dabei, der bereits auf der Hinreise nach Wien am 1. Oktober mit zwei Gästen aus London die "Lese" besucht hatte. So lernte Beethoven bei dieser Gelegenheit nicht nur seinen zukünftigen Lehrer kennen, sondern kam - wenn auch indirekt - erstmals in Kontakt mit England.

Brief vom 28. Juni 1792
Brief vom 28. Juni 1792

Beethoven-Haus Bonn, NE 166

Anders als auf der Hinreise konnte Salomon Haydn auf der Rückreise im Jahr 1792 nicht begleiten. Sein Bedauern hierüber äußerte er in einem Brief an seinen Schwager Geiger in Bonn: "ich kann so gerne ich auch wollte, den lieben Papa Haydn nicht zu Ihnen begleiten, die Angelegenheiten meiner Unternehmungen erheischen unumgänglich meine Gegenwart in England [•] Mr Haydn wird Ihnen mündlich die Umstände besser zergliedern". Die Formulierung "Papa Haydn" zeigt einerseits die besondere Nähe, ist aber andererseits durchaus auch als Respektsbekundung gemeint. Aus diesem Brief geht übrigens auch hervor, dass Salomon vom Bonner Verleger Nikolaus Simrock die Klavierauszüge zweier Opern von Wolfgang Amadeus Mozart erworben hat.

Übertragung der "Militär-Sinfonie" für Klaviertrio
Übertragung der "Militär-Sinfonie" für Klaviertrio

Beethoven-Haus Bonn, C Hayd/106

Haydn komponierte für Salomon und dessen Konzertreihen seine letzten 12 Sinfonien, die noch heute als "Londoner Sinfonien" bezeichnet werden. Laut Vertrag trat der Komponist sämtliche Rechte daran an Salomon ab. Dieser bearbeitete die Werke für kammermusikalische Besetzungen und konnte sie noch vor der Erstausgabe der Orchesterstimmen im Eigenverlag veröffentlichen. Die Übertragung von Haydns "Militär-Sinfonie" Nr. 100 für Klaviertrio trägt Salomons eigenhändigen Namenszug auf dem Titelblatt.

Stammbucheintrag von Christoph von Breuning, 28. Oktober 1792 Original: Österreichische Nationalbibliothek, Wien

Als Beethoven 1792 wie Salomon 27 Jahre vor ihm Bonn verließ, um - ausgestattet mit einem Stipendium des Kurfürsten - in Wien Unterricht bei Haydn zu nehmen, überreichten ihm seine Bonner Freunde zum Abschied ein Erinnerungsbuch mit guten Wünschen für die Zukunft ("Stammbuch"). Christoph von Breunings Abschiedsgrüße belegen, dass man wohl damals schon davon ausging, Beethoven werde ebenfalls noch London reisen: "sieh! Es winket Freund lange dir albion [alter Name für die Britischen Inseln] / sieh! den schattigen Hain, den es dem Sänger beut." Beim zweiten Engagement Haydns nach London in der Saison 1794/95 war dann überlegt worden, ob der junge Beethoven seinem Lehrer Gesellschaft leisten sollte. Beethoven blieb aber doch in Wien und sollte ja auch später nie seinen Fuß auf englischen Boden setzen.

Schmuckblatt mit Bonner Musikern
Schmuckblatt mit Bonner Musikern

Fotografie eines anonymen Schmuckblatts für Ludwig van Beethoven und die Bonner Musiker Wessel, Peter Grabeler, Johann Peter Salomon, Franz Anton Ries, Wilhelm Neuland und Ferdinand Ries
Beethoven-Haus Bonn, B 401

Der ebenfalls in Bonn geborene Ferdinand Ries (1784-1838), Sohn von Beethovens Geigenlehrer Franz Anton Ries (der seinerseits Schüler von Salomon gewesen war), folgte Beethoven Anfang 1803 nach Wien und wurde dort dessen Klavierschüler. Als Pianist bereiste er wenige Jahre später die Welt und ließ sich 1813 in London nieder. Bereits nach zwei Jahren wurde er zu einem der Direktoren der Philharmonic Society ernannt. In dieser Position konnte er zwar Beethovens Werke regelmäßig zur Aufführung in London verhelfen, aber auch ihm gelang es nicht, den Komponisten selbst nach London zu holen. Von den sieben auf dem Schmuckblatt abgebildeten Bonner Musikern haben also immerhin drei (Beethoven, Salomon und Ferdinand Ries) das Musikleben Englands im 1. Drittel des
19. Jahrhunderts wesentlich mitbestimmt.

Beethovens Beziehungen zu Großbritannien

Der Volksliedsammler George Thomson

Der in Edinburgh lebende Beamte und passionierte Volksliedsammler George Thomson (1757-1815) war bestrebt, die ihm sehr am Herzen liegenden Volksmelodien seiner Heimat vor dem Vergessen zu bewahren. Sein Vorschlag an Beethoven, sechs Sonaten über schottische Melodien zu komponieren, ist der Beginn der nachweisbaren Beziehungen Beethovens zu England. Der Antwortbrief vom 5. Oktober 1803 ist der erste Brief des Komponisten über den Kanal. Obwohl dieses Projekt nicht zustande kam, da keine Einigung über das Honorar erzielt werden konnte, entspann sich in der Folge bis 1820 ein reger Geschäftskontakt. Ende Oktober bot Beethoven die Klaviervariationen über die englischen Volkslieder "God save the King" und "Rule Britannia" WoO 78 und 79 zum Druck an. « Je vous envoie ci joint des Variations sur 2 thêmes anglais, qui sont bien faciles et qui, à ce que j'espère, auront un bons succès. » Möglicherweise hatte Thomson mit seinem Vorschlag sogar den Anstoß zu den Variationen dieser auch auf dem Festland bekannten und beliebten Melodien gegeben. Beide Werke erschienen dann aber zuerst in Wien, "God save the King" wurde zwar ein halbes Jahr darauf von Clementi auch in London verlegt, aber "Rule Britannia" erschien erst zwei Jahrzehnte später in einem englischen Verlag. Beide Melodien verwendete Beethoven noch einmal 1813 in seinem Schlachtengemälde "Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria" op. 91.

Klaviervariationen über "God save the king" (C-Dur) WoO 78
Klaviervariationen über "God save the king" (C-Dur) WoO 78

Originalausgabe, Bureau des Arts et d´Industrie, Wien 1804
Beethoven-Haus Bonn, C WoO 78/2

Klaviervariationen über "Rule Britannia" (D-Dur) WoO 79
Klaviervariationen über "Rule Britannia" (D-Dur) WoO 79

Originalausgabe, Bureau des Arts et d´Industrie, Wien 1804
Beethoven-Haus Bonn, C WoO 79

Die folgende Kalkulation von George Thomson vom Januar 1810 war durch Beethovens Brief vom 23. November 1809 ausgelöst worden. Thomson hatte Beethoven für drei Quintette und drei Sonaten 60 Pfund Sterling angeboten (entsprachen 120 Golddukaten), der Komponist verlangte aber aufgrund der schwachen Währung und der bedrängten Lage in Kriegszeiten die doppelte Summe. Thomson kalkulierte nun ein Honorar von 40 Pfund statt der angebotenen 30 Pfund je Werkgruppe (in der British Library findet sich auf der Innenseite eines an ihn adressierten Umschlags eine weitere Kalkulation mit 50 Pfund). Thomson kam zu dem Ergebnis, dass sich erst bei 410 bzw. 440 verkauften Exemplaren die Kosten wieder eingespielt hätten. Da ihm das Geschäft zu riskant erschien, kam es nicht zustande.
Auf der Rückseite der Kalkulation notierte Thomson eine kurze Zusammenfassung von Beethovens Brief, in dem der Komponist auch mitteilte, dass er an den 43 Liedern arbeite, die Thomson geschickt hatte.

Kalkulation, Januar 1810
The British Library
Kalkulation, Januar 1810
The British Library


Abbildungen mit Genehmigung des British Library Board

"Estimate January 1810.- Suppose I pay to M[ister] B[eethoven] for three Sonatas w[i]t[h] a Violin Accompag[nemen]t £ 40,- And for Engraving these 20,- £ 60 .'' .'' If these sold at 10/6 - I find the paper and printing will cost 3 sh.[illing] and Mr Preston must have a profit of 4 sh. which would leave me 3/6 clear for each copy: Thus to indemnify myself I must sell 350 copies, which at 3/6 each amounts to £ 61. 2. 6.- But the expence of advertising would require selling 60 copies more, that is, in all 410 copies. Suppose I pay to M. B. for three Quintettos, for Violins & £ 40,- And for engraving these £ 37,- [Summe] £ 77,- If these are sold at 15 sh.- I conceive the paper and printing will cost 5/6, and that Mr Preston will demand 5/6, which would leave me 4 sh.- clear for each copy: And thus to indemnify myself I must sell 390 copies, which at 4/6 each amounts to £ 78,- And for advertising I w[oul]d need to sell 50 copies more, that is, in all 440 copies. [Rückseite:] 23d Nov. 1809 L. v. Beethoven Vienne Says he has begun and will soon finish the Ritornelles & Accompagniments to the 43 Welsh & Irish Airs which I sent him - And Demanding £ 60 sg for three Sonatas for the Piano w[ith] a Violin Accomp. And the same price for three Quintettos for Violins & Calculation within respecting the three quintettos."

Thomson hoffte, durch zeitgenössische Arrangements die Volksmelodien wieder stärker zur Geltung zu bringen. Durch Bearbeitungen für die damals beliebte Klaviertriobesetzung zum häuslichen Musizieren wollte er dem britischen Bürgertum Einblick in die "ursprüngliche" Musik bieten. Diese Bearbeitungen bestellte er bei renommierten Komponisten wie Joseph Haydn, Leopold Kozeluch, Ignaz Pleyel und eben auch Beethoven. Insgesamt sind rund 150 Liedbearbeitungen Beethovens von irischen, walisischen und schottischen Liedern überliefert. Im September 1809 hatte Thomson Beethoven 43 Melodien geschickt und, wie später noch mehrfach, ausdrücklich um leichte Ausführbarkeit des Klavierparts gebeten. Im erwähnten Brief vom 23. November bemerkte Beethoven, dass dies eine Arbeit sei, die einem Künstler keinen Spaß mache, die aber wohl gut für das Geschäft sei. Er erhielt zunächst drei Dukaten pro Bearbeitung, später dann vier bzw. fünf. Außerdem bat er für die Zukunft um Mitteilung der Texte; eine Bitte, die von Thomson nicht erfüllt wurde und werden konnte. Bei den Texten handelt es sich nämlich nicht um die originalen Volksweisen, sondern Thomson ließ den fertigen Bearbeitungen nachträglich von bekannten Dichtern wie Robert Burns und Sir Walter Scott neue Verse unterlegen. Die schließlich 53 Bearbeitungen schickte Beethoven in angeblich drei Exemplaren (ein eigenhändiges und zwei Abschriften) im Juli 1810 auf verschiedenen Wegen nach England. Thomson wartete allerdings vergeblich. Die vorliegende Abschrift hatte Beethoven seinem Schüler Erzherzog Rudolph geschenkt. Im Sommer 1811 entlieh er sie, um eine neue Abschrift für Thomson erstellen zu lassen, deren Erhalt Anfang August 1812 bestätigt wurde.

Überprüfte Abschrift der 53 Volksliedbearbeitungen für Singstimme, Violine, Violoncello und Klavier, 1810
Überprüfte Abschrift der 53 Volksliedbearbeitungen für Singstimme, Violine, Violoncello und Klavier, 1810

Beethoven-Haus Bonn, BH 92

Zu sehen ist das Lied "The Golden Robe" WoO 155 Nr. 5. Im Jahre 1817 veröffentlichte Thomson die Bearbeitung in den "Walisischen Liedern".

1814 erschien der erste von zwei Bänden "Irische Lieder", 1817 der dritte und letzte Band der "Walisischen Lieder" mit Beethovens Beiträgen im Druck. Thomson fungierte als Herausgeber, gedruckt und vertrieben wurden die Volksliedbearbeitungen vom Londoner Musikverlag Preston. Die Ausgaben waren äußerst bibliophil im Folioformat gestaltet und mit aufwändigen Kupferstichen versehen.

Frontispiz "St. Cecilia" des 1. Bandes der "Irischen Lieder"
Frontispiz "St. Cecilia" des 1. Bandes der "Irischen Lieder"

Originalausgabe, 1814
Beethoven-Haus Bonn, C 252/31

Originalausgabe der "Walisischen Lieder", 3. Band, 1817
Originalausgabe der "Walisischen Lieder", 3. Band, 1817

Stich "Conway Castle"
Beethoven-Haus Bonn, HCB C Md 125

Beethovens Beziehungen zu Großbritannien

Der Volksliedsammler George Thomson

Nachdem man sich 1814 auf ein Honorar von vier Dukaten pro Liedbearbeitung geeinigt hatte, stellte Beethoven in einem Brief vom März 1818 eine Honorarnachforderung für drei nachgelieferte schottische Lieder (Thomson bat regelmäßig um Vereinfachungen von Beethovens Kompositionen). Statt des vereinbarten Honorars habe er nur drei Dukaten pro Bearbeitung erhalten. Im Antwortbrief wies Thomson allerdings darauf hin, dass die Rechnung vom Bankhaus Fries sehr wohl über 12 Dukaten laute. Entweder hatte sich also Beethoven getäuscht oder Fries hatte die Rechnung erst nach Beethovens Intervention geschrieben.
Beethoven teilte außerdem mit, dass er sich die englischen Texte habe übersetzen lassen, hierbei kann es sich also nur um schon in den "Irischen Liedern" oder den "Walisischen Liedern" veröffentlichte Stücke handeln. Die Übersetzung geschah wahrscheinlich im Zuge einer geplanten Veröffentlichung beim Wiener Verleger Steiner. Beethoven bot Thomson Klaviervariationen über diese Melodien für neun Dukaten pro Stück an.

Brief an George Thomson, 11. März 1818
Brief an George Thomson, 11. März 1818
Beethoven-Haus Bonn, HCB BBr 82

« Monsieur Thompson
mon cher ami!

C'est deja du 12 Novembre 1814, que vous m´aves accordè de votre propre Main pour chaque Air Ecossais quatre ducats en Espéce, mais helas bien occupè, lorsque j'ai vous envoyés dernier fois les trois airs, et parce la un peu en confusion, j´ai vous mis seulement pour chaque air trois ducats en Espéce, eh bien, j´ai encore quatre ducats en Espéce de vous reçevoir, et que je vous pris de les m'assigner chez Fries - »

Der 1818 veröffentlichte fünfte und letzte Band der Serie der "Schottischen Lieder" enthält neben Beethovens 25 Schottischen Liedern op. 108 auch vier von Joseph Haydn sowie die sehr beliebte Kantate "The Jolly Beggars" von Robert Burns in einer Vertonung von Henry Rowley Bishop. Beethoven hatte die Vertonung zuvor abgelehnt. Thomson hatte beide darum gebeten, die Violinstimme so einzurichten, dass sie auch mit der Flöte spielbar sei. Er erhoffte sich dadurch eine Absatzsteigerung. Der Absatz von Beethovens Liedbearbeitungen bliebe weit hinter den ersten Ausgaben mit Bearbeitungen Haydns und Kozeluchs zurück, wofür der Herausgeber Beethovens komplexen Stil verantwortlich machte. Im letzten Brief an Thomson vom Mai 1819 erklärte der wegen der fortwährenden Forderung Thomsons nach Einfachheit verärgerte Beethoven denn auch, dass dies für ihn kein Kriterium sein könne und er sich kaum getraue, diese Werke für seine eigenen auszugeben.

Originalausgabe der "Schottischen Lieder", 5. Band, 1818
Originalausgabe der "Schottischen Lieder", 5. Band, 1818

Beethoven-Haus Bonn, C 252/136

Beethoven komponierte Einleitung und Ritornell sowie die Klaviertriobegleitung. Zu sehen ist die Bearbeitung der gälischen Melodie "The Maid of Isla". Der Text stammt von dem berühmten schottischen Dichter Sir Walter Scott.

Wie bereits erwähnt, versuchte Beethoven, der bezüglich Mehrfachverwertungen einer Komposition durchaus kein schlechter Geschäftsmann war, anschließend, die Kompositionen auch auf dem Kontinent zu verkaufen und war 1820 in Berlin erfolgreich. Der Verleger Adolph Martin Schlesinger interessierte sich für die Lieder und veranstaltete 1822 eine deutsche Ausgabe. Eine von Beethoven überprüfte und korrigierte Abschrift von zwei unterschiedlichen Schreibern diente als Stichvorlage. Franz Oliva, Beethovens Freund und freiwilliger Sekretär, hatte den englischen Text der Lieder unterlegt. Schlesinger beauftragte den Publizisten und Bibliothekar an der Königlichen Universität in Berlin, Samuel Heinrich Spiker, mit einer Übersetzung ins Deutsche, die dieser dann hinzufügte.

Überprüfte Abschrift der Schottischen Lieder für Singstimme, Klavier, Violine und Violoncello op. 108 für die deutsche Ausgabe
Überprüfte Abschrift der Schottischen Lieder für Singstimme, Klavier, Violine und Violoncello op. 108 für die deutsche Ausgabe

Beethoven-Haus Bonn, HCB Mh 52

Um die Lieder auf dem deutschen Markt besser verkaufen zu können, ließ Schlesinger die Ausgabe zweisprachig englisch und deutsch drucken. Die Lieder waren im Original in einem schottischen Dialekt geschrieben, was deren Übersetzung nicht eben einfach machte. So ist der deutsche Text nicht immer ganz glücklich. Beethoven hatte Schlesinger empfohlen, Carl Friedrich Zelter, einen engen Freund Goethes, mit Korrekturen zu beauftragen, aber der Verleger blieb bei der ursprünglichen Übersetzung.

Zweisprachige Ausgabe der "Schottischen Lieder" op. 108
Zweisprachige Ausgabe der "Schottischen Lieder" op. 108

Deutsche Originalausgabe, Schlesinger, Berlin 1822
Beethoven-Haus Bonn, C 108/7

Im Zuge der Volksliedbearbeitungen hatte Thomson den Komponisten gebeten, selber einige europäische Volkslieder für Bearbeitungen auszuwählen. Es zeigte sich jedoch, dass es nicht möglich war, diese mit englischer Poesie zu unterlegen. 1818 beauftragte Thomson Beethoven nun, Variationenzyklen für Klavier mit Flöte über einige dieser und weitere, teilweise schon als Liedbearbeitungen veröffentlichte Themen zu komponieren (op. 105 und op. 107). Zu sehen ist das russische Thema "Schöne Minka" und die erste Variation über die walisische Melodie "Peggy´s Daughter". Beethoven notierte: "zum Thema die Flöte in 8va mit dem Klawier jedoch nur mit der Melodie", überall, wo die Flöte nicht vermerkt ist, spielt sie also die Melodiestimme des Klaviers mit. Die Nebenbemerkung stammt von Beethovens Sekretär Anton Schindler, der die Handschrift zu früh datierte: "Nb. Diese Komposition Beethovens fällt [ausgestrichen: "entweder"] in das Jahr 1816. [ausgestrichen: "oder 1819"] A. Schindler."

Eigenhändige Niederschrift der Variationen op. 107 Nr. 6 und 7, Thema "Schöne Minka"
Eigenhändige Niederschrift der Variationen op. 107 Nr. 6 und 7, Thema "Schöne Minka"

BH 70, Bild 3_450

Variation über das Thema "Peggy´s Daughter"
Beethoven-Haus Bonn, BH 70

1819 gab Thomson neun der gelieferten Klaviervariationen heraus. Der Titel lässt darauf schließen, dass eigentlich zwölf geplant waren. Die Sammlung erschien in drei mit einem aufwändigen Titelkupfer verzierten Heften. Sie enthält drei irische, drei walisische (darunter als Nr. 8 das über "Peggy's Daugther"), ein schottisches, ein österreichisches und ein russisches Thema (nämlich das über "Schöne Minka" als Nr. 7).

Variierte Themen für Klavier und Flöte, 1819
Variierte Themen für Klavier und Flöte, 1819

HCB C Md 130,2 Bild 54.jpg

Variationen über "Peggy´s Daughter"
Beethoven-Haus Bonn, C Md 130,2

Beethovens Beziehungen zu Großbritannien

Der Komponist und Verleger Muzio Clementi

Muzio Clementi (1752-1832)
Muzio Clementi (1752-1832)
Kupferstich von Thomas Hardy nach einem eigenen Gemälde, 1794

Betitelt: "M. CLEMENTI. / From an Original Picture in the Possession of J. Bland. / London, Published as the Act directs Oct. 31.1794, by J. Bland, No. 45 Holborn."

Beethoven-Haus Bonn, B 1988

Muzio Clementi, 1752 in Rom geboren, wurde bereits als 13-Jähriger von einem englischen Reisenden, der dessen außergewöhnliche Begabung als Organist und Cembalist erkannte, für sieben Jahre "gekauft" und verbrachte diese Zeit eifrig studierend auf einem englischen Landsitz. Seit 1774 lebte er in London, wo er mit seinen Aufsehen erregenden Klaviersonaten in Konzerten auftrat, was damals noch höchst ungewöhnlich war. In den Folgejahren eroberte er sich als Pianist und Lehrer einen führenden Platz im Londoner Musikleben. Anfang der 1780er Jahre unternahm Clementi eine ausgedehnte Konzertreise durch Europa. Später begann er, sich auch als Musikverleger und Klavierbauer zu profilieren. 1798 wurde die berühmte Klavierbaufirma "Longman & Broderip" in "Clementi & Co." umbenannt. Doch unter Clementis Leitung baute das Unternehmen nicht nur Klaviere, sondern veröffentlichte auch Werke von allen berühmten Musikern jener Zeit. Bei der Gründung der Philharmonic Society 1813 wurde er zu einem der sechs Direktoren der Gesellschaft ernannt und beteiligte sich häufig aktiv an deren Konzerten.

Kadenzen zu Klavierkonzerten, komponiert im Stil berühmter Komponisten, André, Offenbach 1787
Kadenzen zu Klavierkonzerten, komponiert im Stil berühmter Komponisten, André, Offenbach 1787

Beethoven-Haus Bonn

Die im Stile der damals hochgeschätzten Komponisten Joseph Haydn, Leopold Kozeluch, Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Xaver Sterkel und Johann Baptist Vanhal geschriebenen Kadenzen, ergänzt um eine eigene, stellen eine Art musikalischer Anthologie dar, die sowohl Clementis Kenntnis der Werke seiner Kollegen wie auch seine musikalische Wandlungsfähigkeit vor Augen und Ohren führen sollten. Clementi hatte an Heiligabend 1782 in Wien vor Kaiser Joseph II. und dem russischen Zaren Paul I. ein Wettspiel mit Mozart, zu dem auch Improvisationen gehörten, ohne Gesichtsverlust überstanden. Kadenzen wurden damals nur ausnahmsweise notiert und gedruckt. Insofern ist diese Sammlung von historischem Interesse, zeigt sie doch jenen ungeschriebenen Formkanon auf, nach dem Kadenzen zu gestalten waren. Spätestens bei Beethoven mit seinen höchst individuellen und geradezu revolutionären Kadenzen wäre ein Zeitgenosse mit einer Stilkopie aber schnell ans Ende seines Lateins gestoßen.

Drei Klaviersonaten op. 25
Drei Klaviersonaten op. 25

Beethoven-Haus Bonn, C 252/20,1

Die Sonaten op. 25 erschienen 1804 als "10. Suite du Répertoire des Clavecinistes", einer Reihe, die der Züricher Verlegerkomponist Johann Georg Nägeli herausgab. Die nachfolgende 11. Lieferung enthielt dann Beethovens Sonate "Pathétique" op. 13 und den Erstdruck der Es-Dur-Sonate op. 31 Nr. 3. Aus verlegerischer Sicht standen also damals Clementi und Beethoven gewissermaßen "auf Augenhöhe". In seinen Klaviersonaten gelangen dem Älteren immer wieder zukunftsweisende Ansätze, die auch der Jüngere in seinen ersten Wiener Jahren aufmerksam zur Kenntnis genommen haben wird. Später legte Clementi in dem auch heute noch jedem Klavierschüler wohlbekannten Lehrwerk, das bezeichnenderweise den anspruchsvollen Titel "Gradus ad Parnassum, or The Art of Playing on the Piano" führte, selbstbewusst eine Auswahl aus seinem mehr als ein halbes Jahrhundert dauernden Schaffen vor.

Ludwig van Beethoven, Septett op. 20 in einer Bearbeitung als Streichquintett
Ludwig van Beethoven, Septett op. 20 in einer Bearbeitung als Streichquintett

Beethoven-Haus Bonn C 20/1

Der Druck ist eine spätere Auflage des Nachdrucks von Clementi, Banger, Hyde, Collard & Davis von 1807. Die Originalausgabe des Septetts war 1802 im Verlag von Franz Anton Hoffmeister in Wien und Leipzig erschienen. Beethoven wies in einer Anzeige in der Wiener Zeitung ausdrücklich darauf hin, dass die Übertragung für eine kleinere reine Streicherbesetzung auf den Verleger zurückgeht. Aufschlussreich sind die starken Plattenrisse auf dem Titelblatt. An dieser Verschleißerscheinung kann man ablesen, dass viele Exemplare dieser Ausgabe gedruckt wurden, das Quintett also auch in England besonders beliebt war. Von 1802 bis 1810 begab sich Clementi auf eine ausgedehnte Reise auf den Kontinent, bei der er u.a. eigene Werke bei dortigen Verlegern unterbrachte und Werke anderer Komponisten in Verlag nahm. Im April 1807 traf er in Wien mit Beethoven zusammen, wovon er seinem Teilhaber Collard in einem Brief berichtete: Beethoven habe "zunächst angefangen, mich auf öffentlichen Plätzen anzugrinsen und mit mir zu liebäugeln. Natürlich bot ich alles auf, ihn nicht zu entmutigen." Schließlich habe er die Eroberung der "haughty beauty Beethoven", also der - je nach Interpretation des Übersetzers - stolzen, hoheitsvollen oder hochnäsigen Schönheit Beethoven gemacht. Er habe beim ersten Besuch in dessen Wohnung zunächst angefangen, "einige seiner Kompositionen aus Leibeskräften zu loben" und zu guter Letzt einen Vertrag über folgende Werke abschließen können: das 4. Klavierkonzert op. 58, die 3 Streichquartette op. 59, die 4. Sinfonie op. 60, das Violinkonzert op. 61 und eine Bearbeitung des Konzerts für Klavier und die "Coriolan"-Ouvertüre op. 62. Beethoven erhielt hierfür 200 Pfund, im Druck erschienen aus dieser Serie aber lediglich die Streichquartette und das Violinkonzert bzw. dessen durch Clementi selbst angeregte Bearbeitung. Obwohl Beethoven die Erscheinungstermine der Wiener Ausgaben mitgeteilt hatte, um ein zeitgleiches Erscheinen der englischen Parallelausgaben zu ermöglichen, erschienen diese mit einer Verspätung von zwei Jahren.

Klavierfassung des Violinkonzerts (D-Dur) op. 61 Royal College of Music, London
Klavierfassung des Violinkonzerts (D-Dur) op. 61 Royal College of Music, London

Englische Originalausgabe in Stimmen, Clementi, London 1810

Die auf Bitte von Muzio Clementi von Beethoven evtl. mit Unterstützung eines Assistenten angefertigte Klavierfassung publizierte der Verleger parallel zur Originalfassung. Es hat sich nur ein einziges Exemplar erhalten, das heute im Royal College of Music in London aufbewahrt wird. Im Konzertbetrieb konnte sich die Klavierfassung nicht durchsetzen. Tatsächlich handelt es sich um eine "Zweitverwertung", die eher materiellen Notwendigkeiten entsprang als künstlerischen Überzeugungen. Jedenfalls schrieb Beethoven die Klavierfassung "für" den Pianisten Clementi und nicht für den eigenen Konzertgebrauch.

In den Jahren 1810/11 erschienen Beethovens Opera 73 bis 82 als "erste" Originalausgaben. Alle wurden kurz vor den deutschen Parallelausgaben von Breitkopf & Härtel veröffentlicht. Das Streichquartett op. 74 hatte einen Vorsprung von zwei Monaten. Auf dem Titelblatt sind die kurz zuvor veröffentlichten anderen Beethoven-Ausgaben eigens vermerkt: "Where may be had just Published by the above Author, A Concerto / for the Piano Forte. Two Sonatas, for Do. Thema, with Variations for Do. / A Fantasia for Do. and a Concerto for the Violin." Damit sind die Klavierfassung des Violinkonzertes op. 61, die Klaviersonaten op. 78 und 79, die Klaviervariationen op. 76 und die Klavierfantasie op. 77 sowie die Originalfassung des Violinkonzertes gemeint. Das Streichquartett selbst trägt hier die Opuszahl 62, weil Clementi von seiner letzten Beethoven-Ausgabe aus weiterzählte. Die Klaviersonaten erschienen dann als op. 63, das Klavierkonzert op. 73 als op. 64 und die Chorfantasie op. 80 als op. 65. Die anderen Ausgaben trugen keine Opuszahl.

Streichquartett (Es-Dur) op. 74
Streichquartett (Es-Dur) op. 74
Englische Originalausgabe, Clementi, London 1810

Beethoven-Haus Bonn, C 74/11

Der Komponist und Verleger Muzio Clementi

Die Klavierfassung des Violinkonzerts (D-Dur) op. 61

Eine von Beethoven sorgfältig durchgesehene Abschrift der von Clementi angeregten Klavierübertragung ist überliefert. Der Komponist korrigierte Noten, ergänzte dynamische Zeichen, Schlüssel, Legatobögen, Pedalanweisungen, Vortragsanweisungen wie "dolce" und "pizz[icato]", fehlende Schlüssel, Pausen u.a.m. Der Solopart weist auch Rasuren auf. Viele Korrekturen sind am Rand mit einem Kreuz gekennzeichnet.

Überprüfte Abschrift der Klavierfassung des Violinkonzerts (D-Dur) op. 61
The British Library
Überprüfte Abschrift der Klavierfassung des Violinkonzerts (D-Dur) op. 61
The British Library

Abbildung mit Genehmigung des British Library Board
Zu sehen ist der Beginn des 2. Satzes mit eigenhändigen Ergänzungen, oben mit Bleistift "Tutti", unten mit Tinte "Bassi".

Im Zuge der Klavierübertragung überarbeitete Beethoven in den Monaten Mai bis Juni 1807 auch den Part der Solovioline. Im Druck erschien die Fassung für Klavier und Orchester im August 1808 und damit ein Vierteljahr nach dem "Original" für Violine und Orchester. Obwohl die Klavierfassung ohne die Anregung des englischen Verlegers vermutlich nie entstanden wäre, erschien die Londoner Ausgabe erst weitere zwei Jahre später.

Klavierfassung des Violinkonzerts (D-Dur) op. 61
Klavierfassung des Violinkonzerts (D-Dur) op. 61

Deutsche Originalausgabe, Bureau des Arts et d´Industrie, Wien 1808
Beethoven-Haus Bonn, HCB C op. 61

Während von der Bearbeitung selbst nur die Überprüfte Abschrift überliefert ist, besitzen wir noch originale Kadenzen von Beethovens Hand für dieses Konzert. Gezeigt wird die Kadenz zum ersten Satz. Sie ist nicht nur ihrer Länge wegen - zwölf handgeschriebene Seiten! - ungewöhnlich. Der Klavierstimme liegt ein zweites Manuskript, eine Paukenstimme, bei. Dem Soloklavier ausgerechnet in der Kadenz eine Pauke beizugesellen, ist singulär in der Klavierliteratur (bis Alexander Glasunow viele Jahrzehnte später darauf zurückkam). Schon zu Beginn des Konzerts hat die Pauke eine herausragende Rolle: mit vier Schlägen eröffnet sie solistisch das Geschehen. Vielleicht wollte Beethoven diese Rolle in der Kadenz noch einmal festigen und bestärken. Die eigenhändige Niederschrift der Kadenz befand sich früher in der Musiksammlung von Beethovens Schüler Erzherzog Rudolph von Österreich, der ein guter Pianist war.

Eigenhändige Kadenz, Klavierstimme
Eigenhändige Kadenz, Klavierstimme

Beethoven-Haus Bonn, HCB Mh 20a

Eigenhändige Kadenz, Paukenstimme
Eigenhändige Kadenz, Paukenstimme

Beethoven-Haus Bonn, HCB Mh 20b

Beethovens Beziehungen zu Großbritannien

Der Verleger Robert Birchall

Nachdem Beethoven im Frühjahr 1815 insgesamt 13 Werke an den Wiener Verleger Sigmund Anton Steiner verkauft hatte, bemühte er sich auch für diese Werke um eine englische Parallelausgabe. Eine diesbezügliche Bitte an Sir George Smart blieb unbeantwortet. Zweieinhalb Monate später bot Beethoven die Werke dann Johann Peter Salomon zur Vermittlung an einen englischen Verleger an (beide Briefe sind auf den folgenden Seiten zu sehen). Diesem gelang es, zumindest vier davon unterzubringen: Der Londoner Verleger Robert Birchall übernahm die Violinsonate op. 96, das "Erzherzog-Trio" op. 97 sowie die Klavierauszüge der 7. Sinfonie op. 92 und der Schlachtensinfonie "Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria" op. 91 gegen ein Honorar von 130 holländischen Golddukaten. Beethovens einstiger Schüler Ferdinand Ries, der 10 Jahre seines Lebens in London verbrachte, übernahm sowohl die Korrekturen für Birchall als auch weitere Vermittlungen zwischen Komponist und Verleger z.B. bezüglich der Erscheinungsdaten.

Brief an Ferdinand Ries in London, 28. Februar 1816
Brief an Ferdinand Ries in London, 28. Februar 1816

"Vien am 28ten Februar 1816

Mein lieber Rieß!
Schon längst[en]s habe ich ihnen geschrieben, daß das trio u. Sonate auch abgeschikt worden, beym lezten Briefe bat ich sie, da ich so viele auslagen noch hatte, daß sie sorge trügen, daß H.[err] B.[irchall] diese Unkosten welche wohl wenigstens 10 dukaten in Gold machen mir vergüte, ohnedem hat er die Klawierauszüge für gar nichts beynahe erhalten [...]"

Beethoven-Haus Bonn, BH 17

Beethoven hatte mittlerweile alle vier Werke nach London geschickt und forderte nun vom Verleger zusätzlich zum vereinbarten Honorar die Erstattung der Kopiatur- und Portokosten ("Es ist für einen Engländer Sehr wenig, aber destomehr für einen armen österreichschen Musikanten!"). Am 10. Februar schickte er Ries eine detaillierte Abrechnung über die entstandenen Zusatzkosten in Höhe von 10 Dukaten. Außerdem teilte er seine Trauer über den Tod Salomons mit, dessen Testamentsvollstrecker Ries war: "Salomons Tod schmerzt mich sehr, da er ein edler Mensch war, dessen ich mich von meiner Kindheit erinnere."

Ferdinand Ries (1784-1838)
Ferdinand Ries (1784-1838)

Kupferstich von Charles Picart, wohl nach einer eigenen Zeichnung, 1824
Beethoven-Haus Bonn, Sammlung Wegeler, W 161

1824 kehrte Ries ins Rheinland zurück. Kurz zuvor wurde dieses Portrait angefertigt und in der englischen Musikzeitschrift "The Harmonicon" veröffentlicht. Ries schenkte es seinem alten Bonner Freund Franz Gerhard Wegeler (1865-1848) und versah es mit der handschriftlichen Widmung: "meinem Freunde Wegeler Ferd: Ries". Übrigens stammt auch das Titelzitat der Ausstellung "wo man Ihre Compositionen allen andern vorzieht" aus einem Brief von Ferdinand Ries an Beethoven.

Eigentumsbestätigung und Quittung für Robert Birchall, 9. März 1816
Eigentumsbestätigung und Quittung für Robert Birchall, 9. März 1816
Beethoven-Haus Bonn, NE 210

Das Dokument trägt eine eigenhändige Unterschrift. Der Text lautet: "Received March 9th 1816 of Mr. Robert Birchall. Music Seller. No. 133 New Bond Street. London; the sum of One Hundred & thirty Gold Dutch Ducats, Value in English Currency Sixty-five Pounds, for all my Copyright and Interest, present & future vested or contingent, or otherwise within the United Kingdom of Great Britain & Ireland in the four following Compositions or Pieces of Music, composed or arranged by me. Viz. 1st A Grand Battle Sinfonia descriptive of the Battle & Victory at Vittoria, adapted for the Pianoforte & dedicated to His Royal Highness The Prince Regent beginning thus [folgt Incipit] forty Ducats. 2.nd A Grand Symphony in the Key of A, adapted for the Pianoforte beginning thus [folgt Incipit] & dedicated to Her Majesty the Empress of Russia Op. 98 3.rd A Grand Trio for the Pianoforte, Violin & Violoncello in the Key of B. beginning thus [folgt Incipit] & dedicated to the Archduke Rudolph of Austria Op. 97 4.th A Sonata for the Pianoforte in the Key of G with an Accompaniment for the Violin, beginning thus [folgt Incipit] dedicated to the Archduke Rudolph of Austria Op. 96. And, in consideration of such Payment I hereby for myself, my Executors & Administrators promise & engage to execute a proper Assigenment therof to the said Robert Birchall, his Executors & Administrators or Assignees, at his or their Request & Costs, as he or they shall direct. And I likewise promise & engage as above that none of the above pieces of Music shall be published in any Foreign Country, before the time & day fixed and agreed on for such publication between the said Robert Birchall & myself shall arrive Ludwig van Beethoven mp 130 Dutch Ducats or ₤ 65 -"-" Sterling"

Mit der Eigentumsbestätigung trat Beethoven dem Verleger Eigentums- und Verlagsrechte der genannten Werke für das Vereinigte Königreich und Irland ab und verpflichtete sich, mit der Veröffentlichung in anderen Ländern bis zu deren Erscheinen in Großbritannien zu warten. Die Werke sind einzeln mit Incipit, Widmungsträger und Opuszahl aufgeführt (die 7. Sinfonie irrtümlich mit op. 98). Durch zeitgleiches Erscheinen auf Kontinent und Insel sollte gewährleistet werden, dass kein Verleger durch unautorisierte Nachdrucke wirtschaftlichen Schaden erleide. Nichtsdestotrotz erschien die Violinsonate schon im Juli 1816 im Wiener Verlag Steiner, bei Birchall erst drei Monate später im Oktober, wogegen Birchall bei op. 91 einen Vorsprung von zwei Monaten gegenüber Steiner hatte. Auch der Klavierauszug der 7. Sinfonie erschien zuerst in Wien und zwei Monate später, im Januar 1817, in London. Beethoven war es wohl nie gelungen, genaue Erscheinungstermine nach London mitzuteilen.
Obwohl der Komponist das Honorar spätestens Anfang Mai in Händen gehalten haben muss, ließ er erst mit geraumer Verspätung im September 1816 das unterzeichnete Dokument zur Weiterleitung nach England an Johann von Häring überbringen, der seine englische Korrespondenz erledigte.

Briefkonzept von Christopher Lonsdale an Beethoven, 8. November 1816
Briefkonzept von Christopher Lonsdale an Beethoven, 8. November 1816
Beethoven-Haus Bonn, NE 151

"Sir, In Answer to your's of the 1.st October I am desired by M.r Birchall to inform you, he is glad to find you are now satisfied respecting his promise of paying you the £ 5 - . - . in Addition to what you before received according to Agreement - but he did not think you would have delayed sending the receipt signed after the receipt of the 130 - Ducats merely because you had not received the £ 5 - - which latter sum was not included in the receipt - Till it arrives M.r Birchall cannot at any rate enter into any fresh arrangement, as his first care will be to secure those Pieces he has already paid you for, & see how they answer his purpose as a Music Seller, & without the rec.t he cannot prevent any other Music Seller from publishing them In regard to the Airs with Variations, the Price of £ 30 - . - . which is supposed you mean for each, is considerably more than he could afford to give - even to have any hopes of seeing them repay him - , if that should be your lowest price, M.r Birchall will give up his Idea of them altogether [•]"

Birchalls Mitarbeiter Christopher Lonsdale äußerte sich zufrieden darüber, dass die Bezahlung nun endlich abgeschlossen sei. Zuvor hatte er Beethoven bereits darum gebeten, für zukünftige Projekte ein Honorar inklusive aller Kosten zu benennen. Lonsdale mahnte hier zum wiederholten Mal die Eigentumsbestätigung an und mutmaßte, dass Beethoven die Unterzeichung vom Erhalt seiner Nachforderung abhängig mache. Laut Quittung hatte Beethoven diese aber am 3. August erhalten. Er hatte auch die Eigentumsbestätigung am 9. September in Baden Peter Joseph Simrock, der ihn dort besuchte, mitgegeben mit einem kurzen Schreiben an Johann von Häring zur Weiterleitung nach London. Die weitere Verzögerung lag also wohl bei den Bankhäusern. Birchall hatte Beethoven weiterhin um Variationen über Volksweisen für Klavier mit Violin- oder Cellobegleitung gebeten; das von Beethoven geforderte Honorar von 30 Pfund schien ihm jedoch zu hoch. Mit Hinweis auf Birchalls schlechte Gesundheit wurden weitere Angebote (Klaviersonate op. 101 und ein deswegen nie fertiggestelltes Klaviertrio in f-Moll) ausgeschlagen. Es kam zu keiner weiteren Zusammenarbeit. Erst Anfang Dezember 1816 erschien die englische Originalausgabe des Trios bei Birchall. Die Wiener Originalausgabe hatte also abermals einen "Vorsprung" von drei Monaten.

Trio für Klavier, Violine, Violoncello (B-Dur) op. 97
Trio für Klavier, Violine, Violoncello (B-Dur) op. 97
Beethoven-Haus Bonn, C 97/17

spätere Auflage der englischen Originalausgabe, erschienen bei Birchall in London 1824

Ferdinand Ries sollte auch die Variationen über einen Marsch von Anton Diabelli (C-Dur) op. 120 in England zum Druck anbieten. Am 25. April 1823 kündigte ihm Beethoven an: "Sie erhalten ebenfalls in einigen Wochen neue 33 Variationen über ein Thema (Walzer Opus 120), Ihrer Frau gewidmet." Die Überprüfte Abschrift ist das versprochene Manuskript, Beethoven hat es auf dem Titel eigenhändig mit Widmung und Datum versehen: "33 Veränderungen über einen walzer Der Gemahlin meines lieben Freundes Ries gewidmet von Ludwig van Beethoven Vien am 30ten April 1823". Die englische Ausgabe kam jedoch nicht zustande, wie Ries in seinen Erinnerungen an Beethoven berichtet: "Denn Beethoven hatte das Abschicken so lange verschoben, und seinen Auftrag so ganz vergessen, daß, als ich Boosey [der Londoner Verleger, der das Werk herausgeben wollte] die Variationen brachte, wir (…) diese und zwar mit Zueignung an Madame Brentano, schon in Wien (…) gestochen fanden".

Eigenhändiges Titelblatt der Überprüften Abschrift der Diabelli-Variationen op. 120
Eigenhändiges Titelblatt der Überprüften Abschrift der Diabelli-Variationen op. 120

Beethoven-Haus Bonn, HCB Mh 55

Der Verleger Robert Birchall

Die "Schlachtensinfonie" op. 91

Herzog von Wellington
Herzog von Wellington
Anonymer Kupferstich, um 1815

Betitelt: "MARQUIS WELLINGTON / Herzog von Ciudad Rodrigo, / General en Chef der verbündeten Armeen v. Spanien u. Portugal. // Industrie Comptoir zu Leipzig."

Am 21. Juni 1813 besiegten in der nordspanischen Ebene von Vitoria die Truppen von Sir Arthur Wellesley, Herzog von Wellington, die napoleonischen Truppen. Der Tüftler, Erfinder und Musikmechaniker Johann Nepomuk Mälzel - er baute auch die Höhrrohre für den Komponisten - überzeugte Beethoven von seiner Idee, die Niederlage der Franzosen in einem Musikstück zu verarbeiten. Ursprünglich gedacht für Mälzels neuen Musikautomaten, das so genannte Panharmonikon, erwies sich das Stück als zu ausufernd für die Übertragung auf abspielbare Zylinder. Beethoven arbeitete die Komposition daraufhin für großes Orchester um und stellte der Siegessinfonie noch ein musikalisches Schlachtengemälde (mit den Märschen "Rule Britannia" und "Marlborough") und eine Intrada voran. Als ausgesprochenes Gelegenheitswerk traf es den Zeitgeschmack und erzielte im Dezember 1813 den denkbar größten Publikumserfolg. In der Folge wurde es oft in Wien aufgeführt. Beethoven widmete das Stück dem Prinzregenten und späteren König von England George IV., der seit 1811 anstelle seines geisteskrank gewordenen Vaters regierte. Bereits im Frühjahr 1814 hatte Beethoven die Partiturabschrift an den Widmungsträger geschickt, aber weder eine Antwort noch die eigentlich erwartete finanzielle Anerkennung erhalten. Stattdessen wurde das Werk aber am 10. Februar 1815 in der ersten einer stattlichen Anzahl von vielbejubelten Aufführungen in London gegeben. Die Zeitungen berichteten ausführlich, worauf Beethoven, der selbst zwar französisch, nicht jedoch englisch beherrschte, Johann von Häring mit einem Schreiben an den Dirigenten George Smart beauftragte. Beide äußerten sich zwar sehr erfreut über den großen Erfolg der Schlachtensinfonie in London. Beethoven bat aber den Dirigenten um Rat, da er den Klavierauszug nicht ohne die Zustimmung des Widmungsträgers veröffentlichen wolle. Außerdem bot er Smart weitere Werke zur Vermittlung an englische Verleger an. Im Nachsatz dankte Beethoven für die Mühe, mit der sich Smart seinen "Kindern" (also Kompositionen) widme.

Brief an George Smart in London, 16. und 19. März 1815
Brief an George Smart in London, 16. und 19. März 181

Beethoven-Haus Bonn, HCB Br 237

"My dear Sir George

I see by the papers that You have brought forth in the theatre Beethoven's battle and that it was received with considerable applause; I was very happy to find that your partiality to M.r B's compositions is not diminished, and therefore I take the liberty in his name to thank You for the assistance you afforded in the performance of that uncommon piece of musick. He has arranged it for the Pianoforte, but having offered the Original to His R.[oyal] H.[ighness] the Prince Regent, he durst not venture to sell that arrangement, to any Editor, until he knew the Prince's pleasure not only with respect to the dedication, but in general. Having waited so many months without receiving the least acknowledgment, he begged me to apply to you for advice. His idea is to dispose of this arrangement and of several other original Compositions to an Editor in London - or perhaps to several united, if they would make a handsome offer - they would besides engage, to let him know the day of the appearance for sale of the respective pieces, in order that the Editor here may not publish one copy before the day to be mentioned. At the end of this letter follows the list of such compositions with the price which the author expects. I am persuaded, Sir George, You will exert yourself to benefit this great genius. He talks continually of going to England, but I am afraid that his deafness, seemingly encreasing does not allow him the execution of this favorite idea. [•]
[Nachschrift nach Diktat von Beethoven:] Give me leave to thank you for the trouble you have taken several times, as I understand, in taking my works under your protection, by which I don't doubt all justice has been done. I hope you will not find it indiscreet if I solicit you to answer M.r Häring's letter as soon as possible. I should feel myself highly flattered, if you would express your wishes, that I may meet them, in which You will always find me ready as an acknowledgment for the favors you have heaped upon my children. -

Yours gratefully
Ludwig van Beethowen"

Der Anschlagzettel der englischen Erstaufführung unter Leitung von Sir George Smart im Theatre Royal Drury Lane am 10. Februar 1815 wies ausdrücklich auf den großen Erfolg der Wiener Aufführungen hin: "between the 2nd and 3rd Parts will be introduced, fort he 1st time in our Country, A Grand Battle Sinfonia. Composed by Beethoven. And performed with unbounded Applause at Vienna." Auf dem Anschlagzettel zur zweiten Londoner Aufführung war wenige Tage später folgender Kommentar zum großen Erfolg der vorangegangenen Aufführung vermerkt: "Which was performed, for the first time, on Friday last, with universal Acclamations of Applause, and unanimously encored.", also mit stetig wachsender Begeisterung des Publikums. Das Werk wurde bis Mai in rascher Folge immer wieder und mit immer weiter zunehmender Publikumseuphorie aufgeführt. Im Jahr darauf bestand das Orchester aus 200 Musikern. Bis zum November 1817, als Princess Charlotte starb, stand das Werk in fast jedem Konzert, das hier veranstaltet wurde, auf dem Programm. In diesem Theater wurde auch Beethovens Oratorium "Christus am Ölberg" op. 85 im Februar 1814 erstmals in England aufgeführt und öfter wiederholt.

Serie von Anschlagzetteln für die Aufführungen von op. 91 im Theatre Royal Drury Lane in London
The British Library
Serie von Anschlagzetteln für die Aufführungen von op. 91 im Theatre Royal
Drury Lane in London


The British Library
Abbildungen mit Genehmigung des British Library Board

Anschlagzettel für die Aufführung am 23. Juni 1830 im King's Theatre
The British Library
Anschlagzettel für die Aufführung am 23. Juni 1830 im King's Theatre

The British Library

Reproduced with the permission of the British Library Board

Besondere Beachtung dürfte auch die szenische Aufführung am 23. Juni 1830 im King's Theatre am Haymarket gefunden haben, in der neben Bühnenbild, Kostümen und sonstigen Dekorationen sogar echte Pferde auf die Bühne geführt wurden.

Der Verleger Robert Birchall

Die "Schlachtensinfonie" op. 91

BildunterschriftGeorge Augustus Frederick, Prinzregent und späterer König von England (1762-1830)
George Augustus Frederick, Prinzregent und späterer König von England (1762-1830)

Kupferstich von Luigi Schiavonetti nach einer Zeichnung von John Wright nach einem Gemälde von Thomas Phillips, 1809

Beethoven-Haus Bonn, B 2109



Betitelt: "HIS ROYAL HIGHNESS / GEORGE AUGUSTUS FREDERICK, PRINCE OF WALES. / From an original Picture by T. PHILLIPS, ESQ. R.A. in his own Possession. / Drawn by J. Wright, Engraved by L. Schiavonetti. / PUBLISHED OCT. 11.1809, BY T. CADELL & W. DAVIES, STRAND, LONDON. / ..."

Brief an Johann Peter Salomon in London, 1. Juni 1815
Brief an Johann Peter Salomon in London, 1. Juni 1815
Beethoven-Haus Bonn, HCB Br 208

"Mein Verehrter LandsMann! [•]
vieleicht ist es ihnen auch möglich mir anzuzeigen, auf welche Art ich vom Prinzen Regenten wenigstens die CopiaturKosten für die ihm übermachte Schlacht-Simphonie auf Wellingtons Sieg in der Schlacht von Vittoria. erhalten kann, denn längst habe ich den Gedanken aufgegeben, auf sonst irgendwo etwas zu rechnen, nicht einmal einer Antwort bin ich gewürdigt worden, ob ich dem Prinzen Regenten dieses Werk widmen darf, indem ich's herausgebe, ich höre sogar das werk soll schon in London in Klawierauszug heraus seyn welch Geschick für einen Autor!!! Während die englischen und deutschen Zeitungen voll sind von dem Erfolge dieses werkes im durylane Theater aufgeführt, das Theater selbst ein paar gute Einnahmen damit gemacht, hat der Autor nicht einmal eine [freund]schaftliche Zeile darüber aufzuweisen, nicht einmal den Ersaz der Copiatur-Kosten, ja noch den verl[ust] alles Gewinnstes, denn wenn es wahr ist, daß der [Klawier]auszug gestochen, so nimmt ihn kein deutscher ver[leger] mehr, Es ist wahrscheinlich, daß der Klawiera[uszug] wohl bald irgend von einem deutschen Verl[eger] dem Londner Nachgestochen erscheint, und ich verl[iere] Ehre und honorar. - ihr bekannter edler Karak[ter] läßt mich hoffen, daß sie einigen Antheil d[aran] nehmen, und sich thätig für mich beweisen"

Die Briefanschrift von fremder Hand lautet: "Vienna / Mr. Salomon / most renowned virtuoso in / the service of His Royal / Highness the Prince Regent / London / Newman street, Oxford street / no. 70." Wenige Monate nach dem Brief an Smart fragte Beethoven nun auch bei Johann Peter Salomon nach, ob dieser eine Möglichkeit sehe, wenigstens die Kopiaturkosten für die Abschrift der Schlachtensinfonie für den Prinzregenten von diesem zurückzuerhalten. Außerdem habe er gehörte, es werde ein Klavierauszug vorbereitet, wodurch er sich um seine Rechte und Honorare als Autor betrogen sah (tatsächlich war das nicht der Fall und Beethoven hatte das Werk für Österreich schon an Steiner verkauft). Obwohl Beethoven auch später noch mehrere Versuche unternahm, den englischen König auf seine Unterlassung hinzuweisen, erhielt er zeit seines Lebens keine Anerkennung für die Widmung. Nachdem er viele Jahre später dem König auch ein gedrucktes Exemplar der Partitur geschickt hatte, aktivierte er 1825 noch einmal den renommierten Londoner Harfenmacher Johann Andreas Stumpff, dessen Bemühungen jedoch ebenfalls vergeblich blieben. Stumpff antwortete: "wegen Ihrer Schlacht von Victoria habe ich mich vielfältiger erkundigt, und selbst bei denjenigen so dem König am nächsten stehen, habe aber weiter nichts erfahren können als das mann bedaure das mann mir in dieser Sache nicht dienen könne und das Sir Benj. Bloomfield der damalige Chef des Musikalischen Departments so solche vieleicht in empfang genommen nicht mehr in London sei sondern als Gesander am Schwedischen Hofe schon seit mehrern Jahren abgegangen sei, und daß vieleicht ein günstiger Zufall vieleicht eine Gelegenheit anbiethen möge, dem Könige daran zu erinnern".

Englische Originalausgabe des Klavierauszugs op. 91
Englische Originalausgabe des Klavierauszugs op. 91

Birchall, London, Januar 1816
Beethoven-Haus Bonn, C 91/12

Deutsche Originalausgabe des Klavierauszugs op. 91
Deutsche Originalausgabe des Klavierauszugs op. 91

Steiner, Wien, März 1816
Beethoven-Haus Bonn, HCB C op. 91

Das geplante "simultane" Erscheinen der Ausgabe bei Steiner in Wien und Birchall in London funktionierte auch hier wieder nicht. Beethoven hatte zunächst den Wiener Verleger um Zurückstellung der Ausgabe gebeten, da er noch einen englischen Verlag finden müsse. Ende November 1815 teilte er dann Ries den Titel für die englische Ausgabe mit und bat um Mitteilung des Erscheinungstermins. Ries bestätigte im Dezember das Eintreffen der Partituren, aber man teilte Beethoven eine Verzögerung um drei bis vier Monate mit, die der Komponist an Steiner weitergab. Nichtsdestotrotz erschien die englische Ausgabe schon innerhalb eines Monats im Januar 1816, also zwei Monate vor der deutschen Ausgabe.

Beethovens Beziehungen zu Großbritannien

Weitere Verlage

Zwei in London tätige italienische Musiker, Francesco Cianchettini und der Cellist Sperati, die sich auf dem Titelblatt als "Importers of Classical Music" bezeichnen, gaben von 1807-1809 in monatlichen Lieferungen eine Serie von 27 Sinfonien in Partiturausgaben heraus. Neben 18 Sinfonien von Joseph Haydn und sechs Werken von Mozart erschienen auch die ersten drei Sinfonien Beethovens hier erstmals in Partiturform, die auf dem Kontinent erst in den 1820er Jahren gebräuchlich wurde. Vorlage war die Erstausgabe in Stimmen, die 1804 in einem Wiener Verlag erschienen war. Beethoven hat von dieser Ausgabe sicherlich nichts gewusst und davon auch nicht finanziell profitiert. Auch die Widmung an den Prinzregenten Georg von England geht nicht auf Beethoven selbst, sondern auf die Herausgeber zurück.

Erste Partiturausgabe der 2. Sinfonie op. 36, Cianchettini & Sperati, London 1808
Erste Partiturausgabe der 2. Sinfonie op. 36, Cianchettini & Sperati, London 1808

Die 2. Sinfonie op. 36 wird hier interessanterweise als 1. Sinfonie bezeichnet.
Beethoven-Haus Bonn, HCB C Md 120

Dass im Londoner Musikverlag Preston neben den von George Thomson herausgegebenen Volksliedbearbeitungen auch eine Vielzahl von Nachdrucken erschien, verdeutlicht der abgebildete Katalogausschnitt.

Thematischer Katalog der bei Preston veröffentlichten Werke Beethovens, 1823
The British Library
Thematischer Katalog der bei Preston veröffentlichten Werke Beethovens, 1823
The British Library

Abbildung mit Genehmigung des British Library Board

Der Londoner Verlag Monzani & Hill brachte in den Jahren 1808 bis ca. 1820 eine monumentale, auf 75 Bände berechnete Gesamtausgabe von Beethovens Klavier- und Klavier-Kammermusikwerken heraus. Es handelte sich dabei durchweg um Nachdrucke. Heft 27 ist nur in diesem einzigen, seit wenigen Jahren im Beethoven-Haus verwahrten Exemplar überliefert. Es enthält die Variationen in G-Dur WoO 77, deren Erstdruck 1800 in einem Wiener Verlag erschienen war.

Sechs leichte Variationen für Klavier über ein eigenes Thema (G-Dur) WoO 77, Monzani & Hill, London ca. 1813
Sechs leichte Variationen für Klavier über ein eigenes Thema (G-Dur) WoO 77,
Monzani & Hill, London ca. 1813


Beethoven-Haus Bonn, C WoO 77/8

Beethovens Beziehungen zu Großbritannien

Der Klavierbauer Thomas Broadwood

Hammerflügel von Thomas Broadwood, 1817
Hammerflügel von Thomas Broadwood, 1817

Inschrift mit Unterschriften

Der damals produktivste Klavierbauer, Thomas Broadwood in London, schenkte Beethoven 1817 einen Hammerflügel. Zu diesem Zweck hatte er fünf der wichtigsten Londoner Musiker in seine Werkstatt gebeten, um ein geeignetes Instrument für den hochverehrten Meister auszuwählen. Auf der Vorderkante des Stimmstocks oberhalb des Firmenschildes ist zu lesen: "Hoc Instrumentum est Thomae Broadwood (Londrini) donum propter ingenium illustrissime Beethoven.". Daneben signierten Friedrich Kalbrenner, Ferdinand Ries, Johann Baptist Cramer, Jacques-Godefroi Ferrari und Charles Knyvett das Instrument. Viele Jahre später schenkte der Wiener Musikverleger Carl Anton Spina den Flügel Franz Liszt, der ihn dann seinerseits dem Ungarischen Nationalmuseum vermachte. Im Beethoven-Haus befindet sich das abgebildete, baugleiche Instrument.

Brief an Graf Moritz von Lichnowsky, Anfang Februar 1818
Brief an Graf Moritz von Lichnowsky, Anfang Februar 1818

Beethoven-Haus Bonn, NE 196

"Mein sehr werther Freund, mein lieber Graf!

aus beyliegendem ersehen sie die Lage der Sachen, ich zweifle nicht, daß man mir, ohne daß ich große Ansprüche machte, erlauben wird, dieses Instrument anzunehmen, zudem da es nun bald in Triest anlangen wird, Bridi hat von dem Engländer den Auftrag das Geschäftsmäßige hiebey zu besorgen - ich warte nun das Resultat von ihren gütigen Bemühungen oder Nachforschungen ab, alsdenn wird wohl nichts besseres seyn, als mich an Se. Exzellenz den gr. Stadion selbst schriftlich oder Mündlich zu wenden. - ich hoffe bald des vergnügens, sie zu sehen,,[sic] Theilhaftig zu werden; - mit inniger Liebe u. Verehrung

ihr Freund Beethowen"

Broadwood teilte Beethoven Anfang Januar 1818 mit, dass das Instrument am
27. Dezember auf den Weg geschickt worden sei. Beethoven wandte sich sofort an Graf Moritz Lichnowsky mit der Bitte, sich beim Finanzminister dafür einzusetzen, dass er das Instrument zoll- und gebührenfrei entgegennehmen könne. Wie der Bericht in der Wiener Zeitung vom 8. Juni 1818 belegt, wurde diesem Ansinnen stattgegeben: "Herr Ludwig van Beethoven, dem nicht nur Oesterreich, sondern auch das Ausland durch Anerkennung seines hohen, weit umfassenden musikalischen Genies huldigt, erhielt zu London von einem seiner dortigen Verehrer ein sehr seltenes und kostbares Pianoforte zum Geschenke, welches demselben frachtfrey dis [sic] nach Wien geliefert ward. Mit besonderer Liberalität erließ die k.k. allgemeine Hofkammer den Eintrittszoll, dem sonst fremde musikalische Instrumente unterliegen, und gab dadurch wieder den schönen, für die Künste erfreulichen Beweis, wie sehr man befließen sey, in eben dem Maße so seltene Verdienste des Genies durch humane Werthschätzung zu ermuntern."

Beethoven bedankte sich überschwänglich für das "ehrenvolle Geschenk": "Ich werde es als einen Altar sehen, auf dem ich dem Gott Apollo meine schönsten geistigen Opfergaben darbringen werde."

Die Philharmonic Society

Die Neunte Sinfonie

Beethovens wichtigster institutioneller Partner in England wurde die 1813 in London gegründete Philharmonic Society. Die weitgehend privat organisierte Gesellschaft hatte sich die Veranstaltung von Konzerten auf höchst professionellem Niveau auf ihre Fahnen geschrieben. Viele Bezugspersonen Beethovens spielten eine wichtige Rolle: Die schon mehrfach erwähnten Musiker Sir George Smart und Ferdinand Ries gehörten zum Direktorium, der Pianist, Cellist und Komponist Charles Neate war einer der Gründungsväter. In den ersten Konzerten bildete jeweils ein Werk Beethovens den Fixpunkt. Meist war dies eine Sinfonie aber auch Werke wie das beliebte Septett op. 20 oder das Quintett op. 29 standen auf dem Programm. In den zeitüblichen Mischprogrammen erklangen außerdem Werke von Cherubini, Mozart, Haydn und Boccherini. 1815 kaufte die Philharmonic Society drei aus der Reihe von Werken, die Beethoven Smart und Salomon zur Vermittlung nach England angeboten hatte: die Schauspielouvertüren zu "Die Ruinen von Athen" op. 113 und "König Stephan" op. 117 sowie die Ouvertüre "Zur Namensfeier" op. 115. Im gleichen Jahr hielt sich Neate in Wien auf, wo er Beethoven besuchte und bei seiner Abreise nach London im Februar 1816 etliche Werke mit nach London nahm, um sie in den Konzerten der Philharmonischen Gesellschaft aufzuführen bzw. Londoner Verleger zu finden. Beethoven hoffte auch auf ein Benefizkonzert zu seinen Gunsten. Allerdings wurde er enttäuscht und fühlte sich hintergangen, nachdem er monatelang nichts von Neate gehörte hatte, aber in der Presse von einer erfolgreichen Aufführung seiner Sinfonie in London las. Ob es sich tatsächlich schon um die neue 7. Sinfonie oder um die schon oft aufgeführte 5. gehandelt hat, ist nicht zweifelsfrei nachzuweisen.

Im folgenden Jahr lud die Philharmonische Gesellschaft Beethoven nach London ein. "Wir möchten Sie gerne nächsten Winter unter uns hier in London haben", schrieb Ferdinand Ries am 9. Juni 1817. Einleitend schmeichelte er dem Komponisten: "Die Philharmonische Gesellschaft wo man Ihre Compositionen allen andern vorzieht, wünscht Ihnen einen Beweis der großen Achtung und Erkenntlichkeit zu geben, für die so vielen schönen Augenblicke, die wir durch Ihre außerordentlich genialischen Werke so oft genossen haben". Konkret bot die Gesellschaft Beethoven 300 Guineen für Beethovens Saisonaufenthalt in London und die Komposition von zwei Sinfonien, die ins Eigentum der Gesellschaft übergehen sollten. Der Aufenthalt ermögliche ihm auch weitere eigene Konzerte, "die eine schöne Summe Geldes einbringen" könnten. Beethoven forderte mindestens weitere 100 Guineen Reisekosten, die sich aber durch einen notwendigen Reisebegleiter noch erhöhen könnten. Das lehnte die Gesellschaft ab, und die Reise kam - sicher auch bedingt durch Beethovens schlechten Gesundheitszustand und die Sorge um seinen Neffen - nicht zustande.

Allerdings hielt Beethoven an dem Vorhaben einer Englandreise fest und schrieb 1822 an Ries: "noch immer hege ich die Gedanken, doch noch nach London zu kommen, wenn es nur meine Gesundheit leidet, vieleicht kommendes Frühjahr?!" In diesem Zusammenhang fragte er auch an: "was würde mir wohl die Harmonie Gesellschaft für ein Honorar für eine Große Sinphonie antragen?". Ries gab die Anfrage weiter und tatsächlich traf das Direktorium in der ersten Planungssitzung für die Saison 1823 einen positiven Entscheid:
"10. November 1822
Resolved that an offer of £ 50 be made to Beethoven for a M[anu].S[cript].Sym[phony]. He having permission to dispose of it at the expiration of Eighteen Months after the receipt of it. It being a proviso that it shall arrive during the Month of March next."
Im Protokollbuch wurde also festgehalten, dass man Beethoven für eine neue, noch ungedruckte Sinfonie ein Honorar von £ 50 anbiete unter der Bedingung, dass das Manuskript im Laufe des März eintreffe. Beethoven habe dann (anders als beim Angebot von 1817) nach Ablauf von 18 Monaten das Recht, frei über die Komposition zu verfügen. Ries teilte Beethoven den Beschluss fünf Tage später mit.

Protokollbuch des Vorstands der Philharmonic Society, 1822 to 1837, Eintrag vom 10. November 1822
The British Library
Protokollbuch des Vorstands der Philharmonic Society, 1822 to 1837, Eintrag vom 10. November 1822
The British Library

Abbildung mit Genehmigung des British Library Board

Anfang 1823 kaufte die Philharmonic Society für £ 25 auch die Ouvertüre zu "Die Weihe des Hauses" op. 124. Eine Abschrift überbrachte der k.k. Gesandtschaftssekretär in London Caspar Bauer. Ende Februar kündigte er Neate an, die Sinfonie auf demselben Wege zu schicken, sobald er das Honorar empfangen habe. Tatsächlich war op. 125 zu dieser Zeit erst in einzelnen Teilen skizziert und komponiert. Außerdem gab er seiner Hoffnung Ausdruck, im nächsten Jahr bei besserer Gesundheit London besuchen zu können: "England mögte ich sehn, u. alle die Herrlichen Künstler, die dort sind, für meine Umstände würde es auch vortheilhaft seyn, indem ich doch nie in Deutschland zu etwas kommen kann."

Brief an Charles Neate, 25. Februar 1823
Brief an Charles Neate, 25. Februar 1823

Beethoven-Haus Bonn, HCB Br 176

"Vien am 25ten Februar 1823
Mein lieber werther Freund!
[•] - an Ries habe ich eine neue overture für die Philarmonische Gesellschaft übermacht, u. ich warte nur auf die Anweisung hier für die neue Sinfonie, Wo ich selbe sogleich von hier abschicken werde, u zwar durch gelegenheit unsre kaiserl königl Gesandschaft.
Der überbringer dieses ist der Hr. v. Bauer eben so geistreich als Liebenswürdig, welcher ihnen mehreres von mir erzählen kann - bessert sich meine Gesundheit +welche seit 3 Jahren sehr übel war.+, so hoffe ich 1824 in london zu seyn, schreiben sie mir darüber, was die Philarmonische Gesellschaft brauchte, würde ich gerne für sie schreiben, England mögte ich sehn, u. alle die Herrlichen Künstler, die dort sind, für meine Umstände würde es auch vortheilhaft seyn, indem ich doch nie in Deutschland zu etwas kommen kann. - Es braucht nur meines Namens auf einem Briefe an mich, wo ich solche sicher erhalte. -
alles gute u. schöne fließe ihnen zu dies sind die wünsche ihres Wahren Freundes
Beethoven"

Die Fertigstellung der Sinfonie verzögerte sich. In mehreren Schreiben an Ries aus dem Jahre 1823 führte Beethoven immer wieder neue Ausflüchte an. Anfang September versprach er dem Kurier Franz Christian Kirchhoffer, Angestellter beim Wiener Bankhaus Hofmann & Goldstein, das Manuskript innerhalb der nächsten zwei Wochen zu liefern. Wie die Quittung bestätigt, musste Kirchhoffer sich noch fast acht Monate gedulden.

Empfangsbestätigung mit eigenhändiger Unterschrift Beethovens, 27. April 1824
The British Library
Empfangsbestätigung mit eigenhändiger Unterschrift Beethovens, 27. April 1824
The British Library

Abbildung mit Genehmigung des British Library Board

Neate bestätigte den Empfang der Partitur erst acht Monate später, am 20. Dezember 1824. Die von Beethoven überprüfte Abschrift trägt den eigenhändigen Titel: "Große Sinfonie Geschrieben Für die Philharmonische Gesellschaft in London.- von Ludwig van Beethoven Erster Saz". Die Handschrift bietet im Finale den deutschen Originaltext, in London wurde dann eine englische und eine (nicht ganz vollständige, teils freie) italienische Übersetzung nachgetragen. Schillers Ode "An die Freude" kam in dieser besonders gut singbaren Sprache zur Aufführung.

Vom Komponisten überprüfte Abschrift der 9. Sinfonie, 1824
The British Library
Vom Komponisten überprüfte Abschrift der 9. Sinfonie, 1824
The British Library


Abbildung mit Genehmigung des British Library Board
Blatt 72r mit dem Beginn des 3. Satzes weist die eigenhändige Bezeichnung "Dritter Saz." auf sowie Korrekturen am Notentext, angezeigt mit Korrekturkreuzen am Rand.

Die Philharmonic Society

Die Neunte Sinfonie

Charles Neate lud Beethoven für die Saison 1825 abermals nach England ein, um die englische Erstaufführung der 9. Sinfonie zu dirigieren. Gegen ein Honorar von 300 Guineen sollte er zwei neue Werke, eine weitere Sinfonie und ein Konzert, zur Uraufführung bringen. Außerdem könne er eine Akademie zu eigenen Gunsten geben. Offenbar war man sich in London über das Ausmaß von Beethovens Schwerhörigkeit nicht im Klaren. Beethoven bat um eine Erhöhung der Gage um 100 Guineen, die nicht gewährt wurde, Neate ist aber sicher, dass Beethoven trotzdem "vollkommen mit dem Aufenthalt in England zufrieden sein werde". Die Reise kam jedoch abermals nicht zustande. Beethoven legte dem Brief ein von Kopistenhand geschriebenes Fehlerverzeichnis zur 9. Sinfonie bei, merkte jedoch an, dass sich diese Fehler in anderen Abschriften gefunden hätten, aber nicht notwendigerweise auch in der Londoner aufträten. Neate teilte später übrigens mit, dass die Londoner Abschrift fehlerfrei war.

Fehlerverzeichnis zur 9. Sinfonie, 27. Januar 1825
Fehlerverzeichnis zur 9. Sinfonie, 27. Januar 1825

Beethoven-Haus Bonn, HCB Br 178

Es gelang der Philharmonic Society im ersten Anlauf nicht, eine den Anforderungen des Werkes entsprechende Aufführung zu Wege zu bringen. Der ungeheuer populäre Kontrabassist Domenico Dragonetti sollte die Bass-Rezitative solistisch ausführen, weswegen er ein Extrahonorar forderte, dass die Gesellschaft allerdings ablehnte. An den Sekretär schrieb er, dass er sogar das Doppelte gefordert hätte, wenn er die Partitur bereits gekannt hätte. Eine öffentliche Probe am 1. Februar wurde zum musikalischen und in der Folge zum medialen Fiasko. Dies beeinflusste auch die Kritik der regulären Aufführung am 21. März 1825 maßgeblich. Das Werk galt den Kritikern als zu lang und zu schwierig. Der Dirigent, der gewissenhafte Künstler Sir George Smart, hatte die Direktoren der Philharmonic Society noch kurz zuvor dringend ersucht, die Aufführung zu verschieben, bis geklärt sei, ob Beethoven nach London komme und trotz seiner - in London womöglich unterschätzten - Schwerhörigkeit "an der Aufführung Anteil nehmen" könne (wie es salomonisch bei der Wiener Uraufführung hieß), bzw. Fragen geklärt seien, die etwa das richtige Tempo für das Bass-Rezitativ im 4. Satz beträfen. Auf Drängen der Wiener Freunde Beethovens war die Sinfonie entgegen der Abmachung mit der Philharmonischen Gesellschaft bereits ein knappes Jahr zuvor, am 7. Mai 1824, in Wien uraufgeführt worden; dort allerdings mit überwältigendem Erfolg. Erst zehn Jahre nach der englischen Erstaufführung gelang auch der Durchbruch in London. Die Royal Academy führte in den Hanover Square Rooms das Chorfinale separat auf, diesmal in einer englischen Übersetzung des Dirigenten Charles Lucas. Die Botschaft wurde nun verstanden. Weitere zwei Jahre später gelang dann auch der Philharmonic Society eine rundum gelungene Aufführung unter Ignaz Moscheles, die zum Vorschlag führte, das Werk jedes Jahr mit einem Chor von 1000 Sängern und einem 500-köpfigen Orchester als Apotheose, als große Freimaurer-Hymne Europas, erklingen zu lassen. Dieser Gedanke wurde in anderer Form im Jahre 1972 Realität. Der Straßburger Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft beschloss offiziell, einen Ausschnitt aus dem Chorfinale in einer rein instrumentalen Fassung zur Europa-Hymne zu bestimmen.

Programm der englischen Erstaufführung von Beethovens 9. Sinfonie am 21. März 1825 mit handschriftlichen Vermerken von George Smart
The British Library
Programm der englischen Erstaufführung von Beethovens 9. Sinfonie am 21. März 1825 mit handschriftlichen Vermerken von George Smart

The British Library

Abbildung mit Genehmigung des British Library Board

Smart vermerkte, dass das ausgedehnte Konzert pünktlich um 20 Uhr begann, von 22.02 Uhr bis 22.22 Uhr Pause war, die Aufführung der 9. Sinfonie genau 1 Stunde und 4 Minuten dauerte und das Konzert um 23.26 Uhr endete. Vor allem die Aufführungsdauer der Sinfonie ist eine wertvolle Information. Sie bewegt sich auf der Höhe heutiger Interpretationen, während die Konzerte damals insgesamt wesentlich länger waren. Auf der Rückseite des Programms ist in der rechten Spalte eine im Vergleich zur Textfassung in der Partitur leicht modifizierte italienische Übersetzung der Gesangstexte abgedruckt.

Sir George Smart besuchte ein halbes Jahr nach der Aufführung Wien und traf sich mehrmals mit Beethoven in Wien und Baden.

Sir George Thomas Smart (1776-1876)
Sir George Thomas Smart (1776-1876)

Lithographie von Charles Joseph Hullmandel nach einem vermutlich von William Bradley stammenden Gemälde

Beethoven-Haus Bonn, B 2005

Bei seinem Abschiedsbesuch am 16. September schenkte Smart dem verehrten Komponisten eine Diamantnadel zum Andenken. Als Dank komponierte Beethoven für ihn den Kanon "Ars longa, vita brevis" WoO 192, "so schnell seine Feder schreiben wollte, in einer Zeit von etwa zwei Minuten", wie Smart in seinem Tagebuch notierte. Die eigenhändige Widmung lautet: "Geschrieben am 16ten September 1825 in Baden, als mich mein lieber talentvoller Musikkünstler u. Freund Smart (aus England) allhier besuchte. Ludwig van Beethoven".

Kanon "Ars longa, vita brevis"
The British Library
Kanon "Ars longa, vita brevis"
The British Library

Abbildung mit Genehmigung des British Library Board

Die Philharmonic Society

Das Geldgeschenk

Im Februar 1827 richtete sich der bereits todkranke Beethoven mit der Bitte um finanzielle Unterstützung an seinen alten Bekannten Ignaz Moscheles. Ähnlich lautende Briefe erhielten auch George Smart und Johann Andreas Stumpff. In früheren Jahren hatte die Philharmonische Gesellschaft bereits mehrfach mit ihm wegen eines nur ihm gewidmeten Konzerts korrespondiert. Jetzt sah sich der seit mehreren Monaten arbeitsunfähige Beethoven veranlasst, um eine solche Akademie zu seinen Gunsten zu bitten. Er war schon so schwach, dass er den Brief nur noch diktieren konnte, lediglich die später von Moscheles abgetrennte Unterschrift war von seiner eigenen Hand.

Brief an Ignaz Moscheles, 22. Februar 1827
Brief an Ignaz Moscheles, 22. Februar 1827

Beethoven-Haus Bonn, Sammlung Wegeler, W 27

"Wien 22. Febr. 1827.
Mein lieber Moscheles !

Ich bin überzeugt, daß Sie es nicht übel nehmen, daß ich Sie ebenfalls wie Sir Smart, an den hier ein Brief beyliegt, mit einer Bitte belästige. Die Sache ist in Kürze diese. Schon vor einigen Jahren hat mir die philharmonische Gesellschaft in London die schöne Offerte gemacht zu meinem Beßten eine Akademie zu veranstalten. Damals war ich Gott Lob nicht in der Lage, von diesem edlen Antrage Gebrauch machen zu müssen. Ganz anders ist es aber jetzt wo ich schon bald 3 Monathe an einer äußerst langwierigen Krankheit darnieder liege. Es ist die Wassersucht. - Schindler wird Ihnen hier beyliegend mehr davon sagen.
Sie kennen seit lange mein Leben, wissen auch, wie und von was ich lebe. Ans Schreiben ist itzt lange nicht zu denken, und so könnte ich leider in die Lage versetzt werden, Mangel leiden zu müssen. - Sie haben nicht nur ausgebreitete Bekanntschaften in London, sondern auch bedeutenden Einfluß bey der philhar. Gesellschaft. Ich bitte Sie daher, dieses so viel als es Ihnen möglich anzuwenden, daß die philhar. Gesellschaft jetzt von Neuem diesen edlen Entschluß fasse, und bald in Ausführung bringen möge. Des Inhalts ist auch beyliegender Brief an Sir Smart, so wie ich einen bereits an Hrn Stumpff abschickte. Ich bitte Sie nur, den Brief an Sir Smart einzuhändigen, und sich zur Beförderung dieses Zweckes mit ihm und allen meinen Freunden in London zu vereinigen.
Selbst das Diktiren wird mir schwer, so schwach bin ich. Empfehlen Sie mich Ihrer liebenswürdigen Frau Gemahlin, und seyen Sie überzeugt, daß ich stets seyn werde

Ihr Freund
[an der Stelle der herausgeschnittenen Unterschrift ist ein Zettel mit der Bemerkung Moscheles´ aufgeklebt: "Beethovens Unterschrift verschenkt."]
Antworten Sie mir doch bald, damit ich höre, ob ich was zu hoffen habe."

1808 war der aus Prag stammende Pianist, Komponist und Dirigent Ignaz Moscheles nach Wien gekommen, bis 1820 gehörte er dort zu Beethovens Umkreis. Von Anfang der 1820er Jahre bis 1846 lebte Moscheles in London, stand aber weiterhin in brieflichem Kontakt mit Beethoven.

Ignaz Moscheles (1794-1870)
Ignaz Moscheles (1794-1870)

Lithographie von M. Gauci nach einer eigenen Zeichnung

Beethoven-Haus Bonn, B 2000

Der aus Thüringen stammende Harfenmacher Johann Andreas Stumpff war ein großer Verehrer Beethovens. Im Herbst 1824 hatte er Beethoven in Baden besucht und erinnerte sich in einem erhaltenen Briefentwurf an die Begegnung: "Noch dankt mein wallendes Herz der Vorsicht daß mich nach dem Lieben Baaden führte und von Angesicht zu Angesicht den Liebling der Musen und Schöpfer der erhabensten Ton-Gebilde die je aus dem menschlichen Geiste geströmt blicken ließ und der mich einer so gütigen Aufnahme gewürdigt die ich zeitlebens zu verdienen suchen werde." Im folgenden Jahr machte er "dem größten, jetzt lebenden Ton-Künstler, Luis v. Bethoven" mit dem Geschenk der 42-bändigen Gesamtausgabe der Werke Georg Friedrich Händels eine besondere Freude.

Nach Erhalt der Hilferufe berief der Vorstand der Philharmonischen Gesellschaft sofort eine Sitzung ein, bei dem Beethovens Wunsch insofern entsprochen wurde, als ihm die stattliche Summe von £ 100,- sofort bewilligt und nach Wien gesendet wurde. Dies war eine noble Geste der Gesellschaft, die Beethoven nicht immer als zuverlässigen Partner kennen gelernt hatte, ihn aber als Künstler stets hoch achtete. Am Tag von Beethovens Begräbnis, wovon er freilich noch nichts wusste, teilte Moscheles dann der Gesellschaft den Inhalt jenes Briefes mit, den sein Freund Sebastian Rau ihm geschickt hatte. Rau hatte von der ungeheuren Freude berichtet, die Beethoven empfunden habe, als er ihm das Geldgeschenk der Gesellschaft übergab. Tatsächlich war es Beethovens letztes großes Glücksgefühl, das vorübergehend sogar zu einer gesundheitlichen Besserung führte.

Sebastian Rau an Ignaz Moscheles, 17. März 1827
Sebastian Rau an Ignaz Moscheles, 17. März 1827

Beethoven-Haus Bonn, Sammlung Wegeler, W 31

"Wien den 17 März 1827. Lieber Freund! [•] Dein Schreiben, welches ich zugleich mit den - für Beethoven überschickten £ 100 richtig empfieng, setzte uns in eben so großes Staunen, als Bewunderung. Der große, in ganz Europa mit Recht verehrte, hochgepriesene Mann, der edelste, gutherzigste Mensch liegt in Wien in der grösten Noth, auf seinem Krankenlager zwischen Leben und Tod! Und dieß müßen wir von London aus erfahren; von dort eilt man, ihm sein Elend seinen Kummer zu mildern, ihn mit Hochherzigkeit vor Verzweiflung zu retten. Ich fuhr auf der Stelle zu ihm; um mich von seiner Lage zu überzeugen und ihm die bevorstehende Hülfe anzuzeigen. Es war herzzerreißend ihn zu sehen, wie er seine Hände faltete und sich beynahe in Thränen der Freude und des Dankes auflöste. Wie belohnend und beseligend wäre es für Euch - ihr großmüthigen Menschen gewesen, - wenn Ihr Zeugen dieser höchst rührenden Scene hättet seyn können! Ich fand den armen Beethoven in der traurigsten Lage; mehr einem Skelette, als einem lebenden Wesen ähnlich. Die Wassersucht hat so sehr um sich gegriffen, daß er schon 4 - 5 mahl abgezapft werden mußte. Er ist in ärztlicher Beziehung in den Händen des Dr Malfatti, also gut versorgt. Malfatti gibt ihm wenige Hoffnung. Wie lange sein gegenwärtiger Zustand noch dauern, oder ob er überhaupt gerettet werden kann, läßt sich nicht bestimmen. Indeß hat die Anzeige der eingetretenen Hülfe eine merkwürdige Veränderung zur Folge gehabt. Durch die freudige Gemüthsbewegung veranlaßt, sprang in der Nacht eine der vernarbten Ponctionen auf, und alles Wasser, das sich seit 14 Tagen gesammelt hatte, floß von ihm. Als ich ihn des andern Tags besuchte, war er auffallend heiter, fühlte sich wunderbar erleichtert. Ich eilte zu Malfatti, ihn hiervon in Kenntniß zu setzen. Er hält dieses Ereignis für sehr beruhigend. Man wird ihm auf einige Zeit eine Hohlsonde appliziren, um diese Wunde offen zu erhalten, und dem Andrange des Wassers freyen Abfluß zu verschaffen. Gott gebe seinen Segen!"

Am 28. März übermittelte Sebastian Rau die Nachricht von Beethovens Tod nach London. An Moscheles schrieb er: "Beethoven ist nicht mehr; er verschied den 26tn März Abends zwischen 5 - 6 Uhr - unter dem herbesten Todeskampf und schrecklichen Leiden. Er war jedoch schon den Tag zuvor ohne alle Besinnung." Einen Brief gleichen Datums und ähnlichen Inhalts erhielt Johann Andreas Stumpff vom Wiener Klavierbauer Johann Baptist Streicher. Dieser hatte 1822 eine ausgedehnte Studienreise unternommen und sich in London mit Stumpff angefreundet.

Beethoven auf dem Sterbebett, März 1827, Zeichnung von Josef Teltscher (1801-1837)

Josef Teltscher hat Beethoven im März 1827 wohl wiederholt besucht und gezeichnet. Mit weitgehender Sicherheit war er auch am Nachmittag des 26. März im Wohnzimmer des Sterbenden zugegen, wie Anselm Hüttenbrenner und Johann Baptist Jenger es überliefert haben. Aus der Art der Darstellung ist anzunehmen, dass Beethoven zu dem Zeitpunkt, als ihn Teltscher zeichnete, noch am Leben war, sein Bewusstsein aber anscheinend bereits verloren hatte.

Epilog

Nachwirkungen auf Insel und Kontinent

Joseph Joachim (1831-1907)
Joseph Joachim (1831-1907)

Beethoven-Haus Bonn, B 1314

Charles Hallé (1819-1895)
Charles Hallé (1819-1895)
Fotografie von Stanislaus Julian Walery, London, um 1890

Beethoven-Haus Bonn, B 1271

Die eigenhändige Widmung lautet: "Dem Verein Beethoven-Haus gewidmet von / Charles Hallé".

Bereits in jungen Jahren begann Joseph Joachim in Wien sein Musikstudium bei Joseph Böhm (1795-1876), der Ludwig van Beethoven noch persönlich gekannt und u.a. bei der Uraufführung der 9. Sinfonie mitgewirkt hatte. Über seinen Lehrer hatte Joachim daher einen direkten Anknüpfungspunkt an die authentische Interpretation der Werke des von ihm sehr verehrten Komponisten. 1844, also im Alter von nur 13 Jahren, debütierte er in London unter Felix Mendelssohn Bartholdy mit sensationellem Erfolg als Solist des Violinkonzerts. Seitdem galt er als d e r Interpret dieses Werks schlechthin, zu dem er auch zwei eigene Kadenzen komponierte. Später wurde Joachim die graue Eminenz des deutschen Musiklebens und war u.a. Ehrenpräsident des Beethoven-Hauses. In dieser Funktion begründete er die Tradition der Bonner Kammermusikfeste. Die späten Streichquartette Beethovens hat er mit seinem Quartett durch Interpretationen, die seinen Zeitgenossen als unübertroffen galten, einem breiteren Publikum erst bekannt gemacht.

Der in Hagen/Westfalen geborene Karl Halle hatte maßgeblichen Einfluss auf das englische Musikleben des 19. Jahrhunderts. Er ließ sich früh in London nieder, wo er Beethovens Klaviersonaten zunächst in Hauskonzerten und dann in öffentlichen Konzerten ins Repertoire einführte. Später gründete er in Manchester ein nach ihm benanntes Orchester, das für seine exemplarischen Aufführungen gerühmt wurde.

Unterschrift der englischen Königin Victoria auf der Stiftungsurkunde für das Bonner Beethoven-Denkmal, 1845
Unterschrift der englischen Königin Victoria auf der Stiftungsurkunde für das Bonner Beethoven-Denkmal, 1845

Beethoven-Haus Bonn, BH 158

Die Enthüllung des Beethoven-Denkmals von Ernst Julius Hähnel auf dem Bonner Münsterplatz
Die Enthüllung des Beethoven-Denkmals von Ernst Julius Hähnel auf dem Bonner Münsterplatz

Reproduktion eines Holzstichs

Beethoven-Haus Bonn, B 2072

Vor der feierlichen Enthüllung des Beethoven-Denkmals auf dem Bonner Münsterplatz am 12. August 1845 unterzeichneten die Ehrengäste, darunter Königin Victoria von England, ihr Prinzgemahl Albert, König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen und Franz Liszt, die Stiftungsurkunde. Auch die Mitglieder des Komitees signierten das Dokument. Wie auf der Urkunde selbst vermerkt, wurde sie "in doppeltem Original aufgenommen" und nach der Unterzeichnung "eines jener Originalien in eine bleierne Capsel geschloßen und am Fuße des Denkmals eingemauert". Allerdings wurde keine solche Kapsel mit Urkunde gefunden, als man in den 1970er Jahren im Zuge der Baumaßnahmen für das Parkhaus unter dem Münsterplatz den Sockel der Statue öffnete und die darin eingemauerten Dokumente ins Bonner Stadtarchiv verbrachte.
Anlässlich der Deutschlandreise der englischen Königin erschien in der Illustrated London News ein Bericht mit Darstellungen der wichtigsten Sehenswürdigkeiten, u.a. das Beethoven-Denkmal in Bonn, eine Karte des Rheins und Genreszenen der Reise. Auch das Original des hier gezeigten Holzstichs wurde zuerst in dieser Zeitschrift veröffentlicht. Die Reproduktion bildete das Deckblatt für eine Menükarte zum Diner, das der Deutsche Bundespräsident Richard von Weizsäcker zu Ehren von Königin Elizabeth II. von Großbritannien am 3. Juli 1986 auf Schloss Brühl gab.

Impressum


Herausgeber
Beethoven-Haus Bonn
Bonngasse 24-26
D-53111 Bonn
Deutschland

Inhalte der Internet-Ausstellung:
Dr. Nicole Kämpken
Dr. Michael Ladenburger

Die Sonderausstellung wurde vom 22.08.2007 bis zum 18.11.2007 im Beethoven-Haus gezeigt.