LvB Bueste

Beethoven Bildbiographie

Beethovens Leben in 58 Bildern. Konzept: Beethoven-Haus Bonn. Projektleitung: Nicolas Magnin. Auswahl und Beschriftung: Dr. Julia Ronge, Wissenschaftlerin im Beethoven-Archiv. Gestaltung: André Maaßen, Art des Hauses, Agentur für Kommunikation und Design, Dortmund.
i Durch Klick auf die Bilder erhalten Sie interessante Hintergrundinformationen!
Amelius Radoux (1704–1773?): Ludwig van Beethoven d.Ä. (1712–1773), Kopie von Toni Bücher

Amelius Radoux (1704–1773?): Ludwig van Beethoven d.Ä. (1712–1773), Kopie von Toni Bücher

Beethovens Großvater Ludwig wurde in Mechelen geboren und kam 1733 als Sänger in die Bonner Hofkapelle. 1761 wurde er zum Hofkapellmeister ernannt. Ludwig van Beethoven d.Ä. war wohlhabend (er betrieb neben der Musik einen Weinhandel) und in Bonn hoch angesehen. Beethoven liebte den Großvater sehr, sprach viel von ihm und bat seine Mutter oft, ihm vom Großvater zu erzählen. 1801 ließ er sich das Portrait nach Wien schicken, wo es stets an einem prominenten Platz in seiner Wohnung hing.
i
Bonner Stadtplan 1773

Bonner Stadtplan 1773

Der Stadtplan von 1773, vermutlich ein Steuerkataster, zeigt detailliert die Straßen und Gebäude Bonns mit ihren Konskriptionsnummern. In der Bonngasse sehen wir die Jesuitenkirche (heute: Namen-Jesu-Kirche) mit dem gegenüberliegenden Jesuiten-Gymnasium. Beethovens Geburtshaus ist die Nr. 363, im Nachbarhaus (Nr. 364, „Im Mohren“) wohnte Beethovens Patin Gertrud Baum. Beethovens Kollege aus der Hofkapelle und späterer Verleger Nikolaus Simrock wohnte im Eckhaus Nr. 351 am Eingang zur Bonngasse.
Mit freundlicher Genehmigung: Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Hauptstaatsarchiv Duisburg
i
Eintrag in die Taufmatrikel der Pfarre St. Remigius

Eintrag in die Taufmatrikel der Pfarre St. Remigius

Zur Beethovenzeit gab es noch keine zivilrechtliche Personenerfassung. Die Kirchenbücher der zuständigen Pfarreien, die Taufen, Eheschließungen und Bestattungen festhielten, stellen die einzigen identitätsstiftenden Nachweise christlicher Personen dar. In der linken Spalte der Taufmatrikel sind die Eltern festgehalten, in der mittleren der Name des Täuflings, rechts die Paten. Ludwig van Beethoven ist hier als das erste von zwei am 17. Dezember getauften Kindern eingetragen. Der Name von Beethovens Mutter, Helene, ist falsch notiert, sie hieß Maria Magdalena (möglicherweise wurde sie Lene oder Lenchen gerufen, was die Verwechslung begründen könnte). Paten waren der Großvater Ludwig van Beethoven d.Ä. und die Nachbarin Gertrud Baum. Da Kinder wegen der hohen Kindersterblichkeit meist sehr zeitnah nach der Geburt getauft wurden, wird Ludwig van Beethoven wohl am 16. oder 17. Dezember geboren worden sein.
Mit freundlicher Genehmigung: Stadtarchiv Bonn
i
Beethovens Taufstein

Beethovens Taufstein

Die Kirche St. Remigius, in der Beethoven am 17. Dezember 1770 getauft wurde, existiert heute nicht mehr. Sie befand sich an der heutigen Remigiusstraße und wurde 1800 durch einen Blitzeinschlag zerstört. Der Taufstein hat sich jedoch erhalten. Er befindet sich in der ehemaligen Minoritenkirche in der Brüdergasse, die heute St. Remigius heißt. Klöster wurden in der Franzosenzeit aufgehoben, nur Pfarrkirchen durften erhalten bleiben. Die Pfarrei St. Remigius übernahm die 1803 säkularisierte Kirche und brachte Teile der Ausstattung von Alt-St. Remigius mit, darunter auch den marmornen Taufstein.
i
Beethovens Geburtshaus

Beethovens Geburtshaus

Beethovens Eltern, Johann und Maria Magdalena van Beethoven, hatten am 12. November 1767 in der Remigiuskirche geheiratet und waren dann in das Gartenhaus der Bonngasse Nr. 363 gezogen, wo Ludwig van Beethoven als zweites Kind seiner Eltern im Dezember 1770 geboren wurde (der erste Sohn hieß Ludwig Maria, kam 1769 auf die Welt und lebte nur wenige Tage; Beethovens Mutter hatte bereits in ihrer ersten Ehe – sie war verwitwet – ein Kind auf die Welt gebracht, das ebenfalls nicht lange lebte). Die Beethovens wohnten in diesem kleinen Haus nur wenige Jahre.
i
Haus in der Rheingass

Haus in der Rheingasse

Die Familie Beethoven wohnte in diesem Haus Nr. 966, das dem Bäckermeister N. Fischer gehörte, ab 1775 zehn Jahre lang mit Unterbrechungen. Viele der Geschichten, die wir über Beethovens Kindheit wissen, stammen aus den Erinnerungen der Bäckerskinder Cäcilia und Gottfried Fischer, die Gottfried anlässlich der Errichtung des Beethoven-Denkmals am Münsterplatz 1845 aufgeschrieben hat.
i
Avertissement erstes Konzert 26. März 1778

Avertissement erstes Konzert 26. März 1778

Die Konzertankündigung ist das früheste Zeugnis für das Auftreten des jungen Ludwig van Beethoven, den sein Vater als Wunderkind zu vermarkten suchte. Dieses Konzert fand nicht in Bonn, sondern in Köln statt. Die Sternengasse war damals die Renommierstraße Kölns, an der die wohlhabenden Kölner Patrizier ihre Wohnhäuser hatten (auch der Maler Peter Paul Rubens wohnte hier, ebenso wie Maria von Medici während ihres Exils). Ludwigs Alter ist mit sechs Jahren angegeben, dabei war er 1778 bereits sieben. Immer wieder wird dahinter eine Taktik des Vaters zur besseren Vermarktung des Kindes vermutet, tatsächlich war sich die Familie des genauen Alters jedoch nicht ganz sicher, weshalb der Fehler in der Altersangabe in der Bonner Zeit in unterschiedlichen Dokumenten auftaucht.
i
Spieltisch der Orgel der Minoritenkirche Bonn

Spieltisch der Orgel der Minoritenkirche Bonn

In der Bonner Minoritenkirche (heute: St. Remigius) versah der junge Beethoven regelmäßig Organistendienste: er spielte um 6:00 Uhr die Frühmesse. Die für die damalige Zeit recht große Orgel wurde im zweiten Weltkrieg zerstört, den alten Spieltisch hatte man bereits 1904 abgebaut. Selbst als Beethoven schon in Wien war, erinnerte er sich an diese Orgel. In einem Notizbuch hielt er fest: „Fußmaaß vom minoriten pedal in Bonn“, wahrscheinlich wollte er sich in Bonn nach dem Maß erkundigen, um es mit anderen Pedalen in Wien vergleichen zu können.
i
Joseph Engelbert Marteleux (um 1756–1794): Maximilian Friedrich Reichsgraf von Königsegg-Rothenfels (1708–1784) als Erzbischof und Kurfürst von Köln, um 1780, Ölgemälde (Dauerleihgabe Stadtmuseum Bonn)

Joseph Engelbert Marteleux (um 1756–1794): Maximilian Friedrich Reichsgraf von Königsegg-Rothenfels (1708–1784) als Erzbischof und Kurfürst von Köln, um 1780, Ölgemälde (Dauerleihgabe Stadtmuseum Bonn)

Maximilian Friedrich übernahm das Kurfürstentum Köln nach dem Tod von Clemens August 1761. Nach dem barocken, sinnenfreudigen und verschwenderischen Clemens August richtete Maximilian Friedrich das Erzstift aufklärerisch aus und vollzog mit seinem Staatsminister Kaspar von Belderbusch wichtige Reformen. Beethovens Großvater wurde unter Maximilian Friedrich Hofkapellmeister, auch sein Enkel erhielt unter ihm seine erste Anstellung als Hoforganist.
i
Neun Variationen über einen Marsch von Ernst Christoph Dressler für Klavier (c-Moll) WoO 63, Originalausgabe, Götz, Mannheim 1782

Neun Variationen über einen Marsch von Ernst Christoph Dressler für Klavier (c-Moll) WoO 63, Originalausgabe, Götz, Mannheim 1782

Gerade mal elf Jahre war Beethoven alt, als 1782 im Verlag von Johann Michael Götz in Mannheim seine „Neun Variationen für Klavier über einen Marsch von Ernst Christoph Dressler“ erschienen. Entstanden waren die Variationen im Unterricht bei seinem Lehrer Christian Gottlob Neefe, der das Werk auch in Druck gegeben hat. Variationen, deren Bau und Prinzip gehörten zur Standardausbildung eines Musikers und Virtuosen im 18. Jahrhundert. So ist es kaum verwunderlich, dass auch Beethovens erstes veröffentlichtes Werk dem allgemeinen Lehrkanon entsprang – schließlich wurde er, wie sein Vater und Großvater zuvor, für die musikalische Laufbahn erzogen.
i
Gerhard von Kügelgen (1772–1820): Gruppen-Silhouette der Familie von Breuning, 1782, geschnittener und getuschter Schattenriss, Gerhard von Kügelgen zugeschrieben

Gerhard von Kügelgen (1772–1820): Gruppen-Silhouette der Familie von Breuning, 1782, geschnittener und getuschter Schattenriss, Gerhard von Kügelgen zugeschrieben

Schon 1782 begann Ludwig van Beethoven, Klavierunterricht im Hause Breuning zu geben – sein Freund Franz Gerhard Wegeler, der später Eleonore von Breuning heiraten sollte, hatte ihm die Stelle vermittelt. Die Mutter Helene von Breuning war gütig, gebildet und aufgeschlossen und sorgte bei Ludwig für Bildung und Manieren, denn in die Schule war er nicht lange gegangen. Die vier Kinder Eleonore, Christoph, Stephan und Lorenz gehörten lebenslang zu seinen engen Freunden. Besonders nach dem Tod seiner Mutter 1787 fand Beethoven in der Familie Breuning eine neue Heimat und blieb dort oft auch über Nacht. Auf dem Schattenriss ist die ganze Familie dargestellt, von links: Helene von Breuning (sitzend), Eleonore (vor ihr am Tisch stehend), Christoph, Lorenz (mit Geige), zugewandt dem Onkel Kanonikus Johann Lorenz von Breuning (der nach dem Tod des Vaters 1777 Vormund der Kinder war), Stephan von Breuning am Tischchen mit Vogelkäfig.
i
Eleonore von Breuning (1771–1841) am Klavier, anonymes Gemälde

Eleonore von Breuning (1771–1841) am Klavier, anonymes Gemälde

Eleonore von Breuning sitzt auf diesem Gemälde am Klavier und hat ein Blatt Papier in der Hand, womöglich Noten. Das Bild entstand wahrscheinlich, als sie bereits Klavierschülerin Beethovens war. Sein Freund Franz Gerhard Wegeler, der Eleonore später heiraten wird, hat ihm die Stelle vermittelt. Wie ihre Geschwister war auch Eleonore sehr gut mit Beethoven befreundet, sie strickte ihm sogar einmal eine Weste aus Angora und fertigte eine Halsbinde für ihn. Im Gegenzug lieh ihr Beethoven Handschriften mit eigenen Kompositionen. Als er bereits in Wien war, widmete Beethoven ihr 1793 die zwölf Variationen für Klavier und Violine über die Arie "Se vuol ballare" aus Mozarts Oper Le nozze di Figaro WoO 40.
i
Drei Sonaten für Klavier (Es-Dur, f-Moll, D-Dur) WoO 47, Originalausgabe, Boßler, Speyer, 1783

Drei Sonaten für Klavier (Es-Dur, f-Moll, D-Dur) WoO 47, Originalausgabe, Boßler, Speyer, 1783

Ludwig van Beethoven widmete seine ersten drei Klaviersonaten seinem Dienstherrn, Kurfürst Maximilian Friedrich. Die vor der Noten abgedruckte Zueignung hat der Zwölfjährige jedoch nicht selbst verfasst, vermutlich hat ihm sein Lehrer Christian Gottlob Neefe dabei geholfen. Die Sonaten werden darin als „Erstling meiner jugendlichen Arbeiten“ bezeichnet, sie sind jedoch nicht die erste gedruckte Kompositionen den jungen Musikers. Sein Alter wird mit „eilf Jahre“ angegeben, da Beethovens Alter in seiner Familie unsicher war.
i
Franz Gerhard Wegeler (1765–1848)

Franz Gerhard Wegeler (1765–1848)

Beethoven lernte Franz Gerhard Wegeler 1782 kennen. Nach Beethovens Abreise aus Bonn im November 1792 trafen sich die Freunde noch in Wien, wo Wegeler 1794–1796 auf der Flucht vor den Franzosen verbrachte. Danach haben sie sich nie mehr gesehen, sie blieben aber brieflich in Kontakt. Wegeler war Arzt und machte zunächst an der Bonner Universität, später in Koblenz als preußischer Regierungsmedizinalrat Karriere. Wegeler ist einer der ersten, dem Beethoven von seiner beginnenden Taubheit erzählt und um Rat bittet. Ab 1802 ist er mit Eleonore von Breuning verheiratet
i
Joseph Neesen (1770–1829?): Beethoven im Alter von 15 Jahren, Lithographie der Gebrüder Becker nach dem Schattenriss von Neesen, Bädeker, Koblenz, 1838

Joseph Neesen (1770–1829?): Beethoven im Alter von 15 Jahren, Lithographie der Gebrüder Becker nach dem Schattenriss von Neesen, Bädeker, Koblenz, 1838

Der Schattenriss von Joseph Neesen ist die früheste überlieferte Abbildung des Komponisten. Er zeigt Ludwig van Beethoven im Alter von 15 Jahren. Der junge Musiker trägt die Galauniform gekleidet, auf die die Musiker zum Dienst an Hochfesten verpflichtet waren. Dazu gehörten ein seegrüner Frackrock, grüne, kurze Hosen mit Schnalle, Strümpfe aus weißer oder schwarzer Seide, Schuhe mit schwarzer Schleife, ein Zylinderhut, die Weste mit echter goldener Litze verziert, frisiert mit Locken und Haarzopf und an der linken Seite ein Degen mit einer silbernen Koppel.
i
Maximilian Franz (1756–1801), Erzherzog von Österreich, seit 1784 Kurfürst und Erzbischof von Köln, anonymes Gemälde des späten 18. Jahrhunderts

Maximilian Franz (1756–1801), Erzherzog von Österreich, seit 1784 Kurfürst und Erzbischof von Köln, anonymes Gemälde des späten 18. Jahrhunderts

Maximilian Franz war der jüngste Sohn von Kaiserin Maria Theresia, ein Bruder der französischen Königin Marie Antoinette und des Kaisers Joseph II. 1780 hatte seine Mutter viel Geld dafür ausgegeben, dass er Koadjutor des Kölner Kurfürsten werden konnte, 1784 erhielt er das Amt. Max Franz führte sein Kurfürstentum im Geist der Aufklärung. So gründete er die erste Bonner Universität und wirkte auch als Protektor der neugegründeten Lese- und Erholungsgesellschaft. Max Franz war kunst- und musikliebend, erkannte das Talent seines Hofmusikers Ludwig van Beethoven und förderte ihn, indem er ihm zwei Wienreisen finanzierte. Der Komponist wollte ihm zum Dank für sein Wohlwollen seine erste Sinfonie widmen. Die Widmung wurde jedoch durch den Tod des Kurfürsten 1801 vereitelt.
i
Eigenhändiger Eintrag Joseph Haydns im Gästebuch der Lese und
Erholungsgesellschaft

Eigenhändiger Eintrag Joseph Haydns im Gästebuch der Lese und Erholungsgesellschaft

Am 15. Dezember 1790 brach der damals berühmteste lebende Komponist, Joseph Haydn, in Wien auf, um eine Konzertreise nach England zu unternehmen. Er wurde vom englischen Impresario und Geiger Johann Peter Salomon begleitet, einem gebürtigen Bonner, der bis 1764 Mitglied der Hofkapelle war. Die Reise von Wien nach London war lang und anstrengend, unterwegs machte man an verschiedenen Orten Station. Am Samstag, dem 25. Dezember 1790, kamen die Reisenden in Bonn an, und noch am selben Tag trug sich Haydn in das Gästebuch der Bonner Lese- und Erholungsgesellschaft ein. Am folgenden Tag führte die Hofkapelle in Haydns Anwesenheit eine seiner Messen im Hochamt auf. Anschließend stellte der Kurfürst Maximilian Franz ihm seine ganze Kapelle vor, der auch Ludwig van Beethoven angehörte. Vermutlich trafen bei dieser Gelegenheit Beethoven und Haydn erstmals zusammen. Auch auf der Rückreise von London 1792 machte Haydn erneut in Bonn Station. Spätestens bei dieser Gelegenheit wurde Beethovens Studienjahr bei ihm vereinbart.
Mit freundlicher Genehmigung: Lese- und Erholungs-Gesellschaft Bonn von 1787
i
Eintrag von Ferdinand Graf Waldstein (1762–1823) in das Stammbuch Ludwig van Beethovens

Eintrag von Ferdinand Graf Waldstein (1762–1823) in das Stammbuch Ludwig van Beethovens

Als besonderes Zeichen seiner Gunst gewährte Kurfürst Maximilian Franz Beethoven eine zweite Wienreise, um bei Joseph Haydn studieren zu können. Vor Beethovens Abreise im November 1792 erhielt er ein Stammbuch überreicht, in dem sich 15 seiner Bonner Freunde verewigt hatten, damit er sie in Wien nicht vergisst. Der wohl berühmteste Eintrag stammt von Ferdinand Graf Waldstein: „Lieber Beethoven! Sie reisen itzt nach Wien zur Erfüllung ihrer so lange bestrittenen Wünsche. Mozart’s Genius trauert noch und beweint den Tod seines Zöglinges. Bey dem unerschöpflichem Hayden fand er Zuflucht, aber keine Beschäftigung; durch ihn wünscht er noch einmal mit jemanden vereinigt zu werden. Durch ununterbrochenen Fleiß erhalten Sie: Mozart’s Geist aus Haydens Händen. Bonn den 29.ten Oct. [1]792. Ihr warer Freund Waldstein“ Mit seiner Aussage wird Waldstein zwar Haydn nicht gerecht, der in diesem Sinne nur Vermittler und nicht selbst genialer Schöpfer wäre. Bemerkenswert ist aber, dass schon hier die Trias der Wiener Klassiker benannt wird: Mozart – Haydn – Beethoven.
)
i
Joseph Haydn (1732–1809)

Joseph Haydn (1732–1809)

Wir wissen nichts über Beethovens Bonner Kompositions- und Kontrapunktlehrer. Er mag etliches auch von seinen Instrumentallehrern, besonders von den Organisten gelernt haben, sicher wird er auch fundierten Unterricht im Tonsatz erhalten haben, möglicherweise von Musikern der Hofkapelle, Kollegen seines Vaters. Der erste uns namentlich bekannte Kompositionslehrer Beethovens ist der berühmteste lebende Komponist der damaligen Zeit, Joseph Haydn. Beethoven brach im November 1792 in Bonn versehen mit einem kurfürstlichen Stipendium nach Wien auf, um bei Haydn zu studieren. Eigentlich hätte er nach einem Jahr zurückkehren sollen, die Kriegswirren im Rheinland führten aber dazu, dass er dauerhaft in Wien blieb. Haydn unterrichtete Beethoven im Wesentlichen in der freien Komposition: Erfindung und Anlage eines Stückes sowie zugehörige Skizzierungsprozesse. Möglicherweise studierte Beethoven mit Haydn auch analytisch modellhafte Kompositionen anderer Komponisten.
i
Johann Georg Albrechtsberger (1736–1809)

Johann Georg Albrechtsberger (1736–1809)

Johann Georg Albrechtsberger war Kapellmeister am Stephansdom und zweifellos in seiner Zeit der bekannteste Musiktheorielehrer Wiens. Die Beziehung zu Albrechtsberger wurde Beethoven von Joseph Haydn vermittelt. Haydn, der die finanziellen Probleme seines Freundes Albrechtsberger kannte, hatte mehrfach eigene Schüler an diesen überwiesen. Bei Johann Georg Albrechtsberger erwarb sich Beethoven umfassendes Handwerkswissen und Arbeitsroutine. In einem vollständigen Curriculum, das an Albrechtsbergers Lehrwerk Gründliche Anweisung in der Komposition angelehnt war, beschäftigte sich der Schüler mit den Regeln des strengen Satzes und der Fugenlehre. Beethoven schätzte Albrechtsbergers Unterricht sehr.
i
Drei Trios für Klavier, Violine und Violoncello (Es-Dur, G-Dur, c-Moll) op. 1,  Originalausgabe, Artaria, Wien, 1795, Subskriptionsliste

Drei Trios für Klavier, Violine und Violoncello (Es-Dur, G-Dur, c-Moll) op. 1, Originalausgabe, Artaria, Wien, 1795, Subskriptionsliste

1795 erschien die erste Komposition Beethovens, die er für würdig hielt, eine Opuszahl zu tragen: seine drei Klaviertrios Opus 1. Die Trios wurden zwar bei Artaria gedruckt, Beethoven war dafür aber – vielleicht mit Hilfe des Widmungsträgers, Fürst Lichnowsky – in Vorkasse gegangen und verkaufte sie auf eigene Rechnung. Stolz ließ Beethoven vorne diejenigen Käufer in die Ausgabe eindrucken, die bereits vor Erscheinen ein Exemplar kostenpflichtig bestellt hatten. Dieses Subskriptionsverzeichnis liest sich wie das Who is who des österreichischen Hochadels. Allein die Mitglieder der Familie Lichnowksy bestellten 27 Exemplare.
i
Anschlagzettel für Beethovens musikalische Akademie im Burgtheater am 2. April 1800

Anschlagzettel für Beethovens musikalische Akademie im Burgtheater am 2. April 1800

Im April 1800 war es so weit: Beethoven veranstaltete sein erstes eigenes Konzert in Wien. Natürlich war er schon vorher öffentlich oder in privaten Adelssalons aufgetreten, aber dieses Mal ist er auch der Veranstalter und darf den Gewinn für sich behalten. Beethoven hat zwar an vielen Konzerten mitgewirkt, Konzerte zu eigenen Gunsten hat er in seinem Leben jedoch nicht besonders oft gegeben – das Risiko war groß, denn auch ein eventueller Verlust ging zu seinen Lasten und schließlich mussten Musiker und Noten bezahlt werden. In dieser ersten eigenen Akademie spielte Beethoven sein Klavierkonzert op. 15, außerdem stehen das Septett op. 20 sowie die 1. Symphonie auf dem Programm. Später wird Beethoven in seinen Konzerten nur noch eigene Werke spielen, aber 1800 war ihm das noch zu riskant, weshalb er auch Werke der Zugpferde Haydn (Arien aus der Schöpfung) und Mozart (eine Sinfonie) ins Programm nahm.
i
Antonio Salieri (1750–1825)

Antonio Salieri (1750–1825)

Wann genau Beethoven in direkten Kontakt mit Antonio Salieri gekommen ist, ist nicht bekannt. Vermutlich suchte er schon früh Salieris Nähe, da dieser eine der herausragenden Persönlichkeiten des Wiener Musiklebens war. Salieri hatte zahlreiche Schüler (darunter auch Franz Schubert), sowohl in Komposition als auch im Gesang, die er aus Prinzip meist unentgeltlich unterrichtete. Als Beethoven 1801 bei Salieri Unterricht nahm, war er längst ein anerkannter Komponist. Er suchte ihn auf, um bei ihm zu lernen, was bei Haydn und Albrechtsberger offenbar zu kurz gekommen war: die Textvertonung. Indem er bei Salieri Kenntnisse in Metrik, Prosodie und melodischer Textausdeutung erwarb, gab er seiner Ausbildung den ‚letzten Schliff‘. Damit konnte Beethoven erwarten, vom Kaiserhof und den angeschlossenen Institutionen akzeptiert zu werden.
i
Fürst Karl Lichnowsky (1761–1814), nicht bezeichnete Miniatur in der Art Heinrich Fügers

Fürst Karl Lichnowsky (1761–1814), nicht bezeichnete Miniatur in der Art Heinrich Fügers

Fürst Karl Lichnowsky war Beethovens erster Wiener Gönner. Der musikliebende Fürst unterhielt ein eigenes Streichquartett, dem Beethovens Freund Ignaz Schuppanzigh angehörte, in seinem Haus fanden Konzerte statt, unter anderem jeden Freitag eine Matinee, bei der auch Beethoven auftrat. Beethovens erste Wiener Wohnung lag im Haus Lichnowskys, der Fürst führte den jungen Komponisten auch in die wichtigen Wiener Adelskreise ein. Von 1800 bis 1806 erhielt Beethoven von Lichnowsky ein Jahresgehalt von 600 Gulden. Auch Beethovens Streichquartettinstrumente waren ein Geschenk des Fürsten.
i
Beethovens Streichquartettinstrumente

Beethovens Streichquartettinstrumente

Um 1800 schenkte Karl Fürst Lichnowsky Beethoven einen vollständigen Satz von Streichquartettinstrumenten, also zwei Violinen, eine Viola und ein Violoncello. Beethoven kennzeichnete seine Instrumente auf der Bodenseite, in dem er in den Lack ein „B“ einkratzte. Außer beim Cello trug er zusätzlich auch noch sein Siegel mit roten Lack auf den Boden unterhalb des Halses auf.
i
Beethoven an Franz Gerhard Wegeler in Bonn, Wien, 29. Juni 1801

Beethoven an Franz Gerhard Wegeler in Bonn, Wien, 29. Juni 1801

In dem Brief an Franz Gerhard Wegeler spricht Beethoven erstmals von seiner Taubheit und gibt zu, seit einigen Jahren nicht mehr richtig zu hören. Das Defizit ist für ihn eine existenzielle Bedrohung: als Musiker – zu dieser Zeit trat Beethoven noch regelmäßig öffentlich auf – ist er auf sein Gehör angewiesen, vor allem im Zusammenspiel mit anderen. Beethoven öffnet sich Wegeler, weil der gute Freund aus Kindertagen Arzt ist und außerdem weit weg von Wien lebt, weshalb das Risiko, die Taubheit könne bekannt werden, nicht so groß ist. Dennoch bittet Beethoven ihn inständig, das Geheimnis zu bewahren und niemandem, noch nicht einmal seiner Frau davon zu erzählen.
i
Christian Horneman (1765–1844): Ludwig van Beethoven, 1802, Elfenbeinminiatur

Christian Horneman (1765–1844): Ludwig van Beethoven, 1802, Elfenbeinminiatur

Die Portraitminiatur des dänischen Malers Christian Horneman auf Elfenbein gehört zu den besonderen Kostbarkeiten des Beethoven-Hauses. Sie ist das erste künstlerisch bedeutende Beethoven-Bildnis. Beethoven schenkte es Stephan von Breuning 1804 als Versöhnungsgeste nach einem heftigen Streit. Im Gegensatz zu späteren Portraits ist Beethoven hier modisch-elegant gekleidet und das Haar ist wohlfrisiert und ebenfalls nach der Mode der Zeit kurz geschnitten.
i
Beethoven an seine Brüder Kaspar Karl und Johann van Beethoven, Heiligenstadt, 6. und 10. Oktober 1802 („Heiligenstädter Testament“)

Beethoven an seine Brüder Kaspar Karl und Johann van Beethoven, Heiligenstadt, 6. und 10. Oktober 1802 („Heiligenstädter Testament“)

Das sogenannte Heiligenstädter Testament ist ein Abschiedsbrief Beethovens an seine beiden Brüder Karl und Johann. Gleichzeitig wendet er sich an alle Menschen in seiner Umgebung. Beethoven will in erster Linie klar machen, dass die Menschen ihn falsch verstanden haben. Er selbst hält sich für einen lebenslustigen Menschen, der die Gesellschaft anderer liebt und allen gegenüber aufgeschlossen ist. Durch sein schlechtes Gehör – von dem noch niemand weiß – kann er sich aber seit ein paar Jahren nicht mehr unter Menschen begeben, was ihn einsam und unglücklich macht. Die Welt hält ihn deshalb für launisch und misanthropisch. Beethoven rechnet damit, aufgrund seiner Krankheit bald sterben zu müssen, weshalb er seinen Nachlass regelt. Sein Geld und seine Musikinstrumente sollen sich seine Brüder aufteilen. Von seinen Freunden verabschiedet er sich dankbar. Sein Arzt soll ihn obduzieren und seine Krankheit beschreiben. Seinen Brüdern empfiehlt er Tugend (Güte), da sie seiner Meinung nach nur dadurch glücklich werden können, nicht durch Geld. Beethoven berichtet von seiner Verzweiflung. Er gibt zu, an Selbstmord gedacht zu haben. Aber er glaubt an seine Kunst und ist sich sicher, noch lange nicht auf dem Gipfel angekommen zu sein. Obwohl es ihm schlecht geht und er sich manchmal nach dem Tod sehnt, will er jetzt noch nicht sterben, sondern weiter für die Kunst leben. In einem Nachsatz, den er einige Tage später dem Brief hinzufügt, beschreibt Beethoven noch einmal seine ganze Verzweiflung. Er war nach Heiligenstadt gekommen, in der Hoffnung wieder gesund zu werden. Am Ende seines Aufenthaltes muss er erkennen, dass das unmöglich ist. Er hadert mit seinem Schicksal und mit Gott. Unbeschwert glücklich sein zu können hält er nie mehr für möglich.
i
Theater an der Wien

Theater an der Wien

1801 eröffnete Emanuel Schikaneder an der linken Wienzeile ein neues Theater, das auch heute noch existierende Theater an der Wien. Anfang 1803 beauftragte er Beethoven mit der Vertonung eines eigenen Librettos für sein Haus. Beethoven sagte zu und erhielt sogar eine Dienstwohnung im Theater, die er bis 1804 benutzte. Wegen der schlechten Qualität des Schikanederschen Textes verwarf Beethoven das Projekt am Ende des Jahres und arbeitete ab 1804 an seiner Oper Leonore, die unter dem Titel Fidelio im November 1805 im Theater an der Wien uraufgeführt wurde.
i
Ferdinand Ries (1784–1838), nicht bezeichnetes Ölgemälde

Ferdinand Ries (1784–1838), nicht bezeichnetes Ölgemälde

Der Bonner Pianist und Komponist Ferdinand Ries war Sohn von Beethovens Bonner Geigenlehrer Franz Anton Ries, der die Familie Beethoven in Bonn unterstützte, nachdem Beethovens Vater 1789 wegen seiner Alkoholkrankheit den Dienst quittieren musste. 1803 kam Ferdinand Ries nach Wien, um bei Beethoven Unterricht zu nehmen. Ries blieb bis Ende 1805, von Beethoven erhielt er allerdings nur Klavierunterricht, für den Kompositionsunterricht schickte Beethoven ihn zu Albrechtsberger. Ries lebte von 1813 bis 1824 in London, wo er für Beethoven als Kontaktmann zu englischen Verlagen fungierte. Nach seiner Rückkehr ins Rheinland führte er als Leiter des Niederrheinischen Musikfests in Aachen am 23. Mai 1825 Beethovens neunte Symphonie (unvollständig) auf und besorgte sich dafür von Beethoven das noch ungedruckte Material. Zusammen mit Franz Gerhard Wegeler verfasste Ries eine der ersten Beethoven-Biographien, für die Beethoven-Biographik eine wichtige Quelle darstellt.
i
Isidor Neugaß (um 1780–nach 1847): Ludwig van Beethoven, 1806, Fassung Lichnowsky, Ölgemälde

Isidor Neugaß (um 1780–nach 1847): Ludwig van Beethoven, 1806, Fassung Lichnowsky, Ölgemälde

Das Gemälde, eine idealisierte Abbildung des Komponisten, entstand 1806 im Auftrag von Beethovens Gönner Fürst Lichnowsky. Auch hier scheint Beethoven noch elegant gekleidet mit Halstuch, Weste und rosafarbenem Schal, darüber ein Frack. Auf einer alternativen Fassung, die der Maler für die Familie Brunsvik erstellte, ist zu erkennen, dass Beethoven offenbar ein Lorgnon an einem Band um den Hals trägt, also eine Lesehilfe. Beethoven war kurzsichtig.
i
Sonate für Klavier und Violoncello (A-Dur) op. 69, 1. Satz, Autograph, S. 8, 1808

Sonate für Klavier und Violoncello (A-Dur) op. 69, 1. Satz, Autograph, S. 8, 1808

Von der Cellosonate op. 69 existiert kein vollständiges Autograph, nur der 1. Satz ist überliefert. Die Handschrift enthält nicht die Fassung letzter Hand, vielmehr spiegelt sie den Entstehungsprozess des Werkes über mehrere Stadien hinweg wider. Die erste Schicht der Niederschrift führte Beethoven noch sauber und sorgfältig aus. Im Laufe der Arbeit entschloss er sich jedoch zu tiefgreifenden Änderungen, die das Manuskript immer weiter verunklarten. Trotz der unzähligen Überarbeitungen erreicht das Autograph keineswegs die endgültige gedruckte Fassung. Mit Sicherheit hat Beethoven ein zweites vollständiges Manuskript verfasst, das heute verschollen ist.
i
Rentenvertrag zwischen Erzherzog Rudolph, Fürst Ferdinand Kinsky, Fürst Franz Joseph Lobkowitz und Ludwig van Beethoven, Wien, 1. März 1809, Reinschrift

Rentenvertrag zwischen Erzherzog Rudolph, Fürst Ferdinand Kinsky, Fürst Franz Joseph Lobkowitz und Ludwig van Beethoven, Wien, 1. März 1809, Reinschrift

Vor dem 1. November 1808 hatte Beethoven von Jérôme Bonaparte, Bruder Napoleons und König von Westfalen, das sehr lukrative Angebot erhalten, erster Hofkapellmeister in Kassel zu werden. Wahrscheinlich durch Vermittlung von Gräfin Erdödy verhandelte Beethoven ab Anfang 1809 mit Erzherzog Rudolph, Fürst Kinsky, Fürst Lobkowitz um ein festes Gehalt, das seine Abwanderung aus Wien verhindern sollte. Verhandlungsführer war sein Freund Baron Ignaz von Gleichenstein. Der schließlich zustande gekommene Rentenvertrag sicherte Beethoven ein Jahresgehalt von insgesamt 4000 Gulden; den Betrag teilten sich die drei Adeligen zu unterschiedlichen Anteilen. Einzige Bedingung des Vertrags war Beethovens Absage nach Kassel und sein Verbleib in Wien.
i
Johann Nepomuk Hoechle (1790–1835): Das Bombardement der Stadt Wien durch französische Truppen, Aquatintaradierung von Benedikt Piringer nach einer Zeichnung von Johann Nepomuk Hoechle

Johann Nepomuk Hoechle (1790–1835): Das Bombardement der Stadt Wien durch französische Truppen, Aquatintaradierung von Benedikt Piringer nach einer Zeichnung von Johann Nepomuk Hoechle

Österreich hatte am 9. April 1809 Frankreich den Krieg erklärt (fünfter Koalitionskrieg), um Europa endlich von der Herrschaft Napoleons zu befreien. Am 11. Mai 1809 standen die französischen Truppen vor den Toren Wiens. Wien ergab sich dieses Mal im Gegensatz zu 1805, wo es schon einmal von den Franzosen besetzt war, nicht kampflos. Die Franzosen bombardierten die Stadt in der Nacht und nahmen sie am 12. Mai ein. Für Beethoven war die Kanonade die Hölle. Ferdinand Ries berichtet, er habe die meiste Zeit in einem Keller bei seinem Bruder Karl zugebracht, wo er noch den Kopf mit Kissen bedeckte, um ja nicht die Kanonen zu hören, deren Lärm ihn in seinem empfindlichen Gehör schmerzte.
i
Franz Klein (1779–1840), Beethoven-Büste, 1812, Nachguss von H. Leidel (1890)

Franz Klein (1779–1840), Beethoven-Büste, 1812, Nachguss von H. Leidel (1890)

Die Büste entstand für die Künstlergalerie im Salon der Klavierfabrik von Andreas und Nannette Streicher, mit denen Beethoven befreundet war. Der Wiener Bildhauer Franz Klein nahm dafür eine Gipsmaske von Beethovens Gesicht ab und gestaltete danach die Büste, die das Gesicht besonders authentisch wiedergibt – sogar Beethovens Pockennarben sind zu erkennen. Der vermeintlich typisch missmutige Gesichtsausdruck Beethovens entstand durch den Herstellungsvorgang: Der damalige Gips trocknete langsam, Beethoven konnte nur durch zwei zuvor in seine Nase eingeführte Röhrchen atmen und fühlte sich unter dem flüssigen Gips besonders unwohl. Die Maßnahme musste mehrfach wiederholt werden, weil Beethoven es unter dem Gips nicht aushielt und ihn sich von Gesicht wischte.
i
Skizzenbuch „Petter“, 1812–1812, Autograph

Skizzenbuch „Petter“, 1812–1812, Autograph

Dieses Skizzenbuch erhielt – wie viele seiner Art – seinen Namen von einem Vorbesitzer, Gustav Adolf Petter, der es 1846 erwarb und bis zu seinem Tod 1868 besaß. Im Petter-Skizzenbuch finden sich in erster Linie Skizzen und Entwürfe zur 7. und 8. Sinfonie. Die Notierungen sind chronologisch, die Skizzen zur 8. Sinfonie beginnen nach den letzten Einträgen zur „Siebten“. Auffallend ist, dass Beethoven die „Achte“ wohl zunächst nicht als Sinfonie, sondern als Klavierkonzert geplant hat.
i
Johann Nepomuk Mälzel (1772–1838): Beethovens Hörrohre, Wien, 1812/1813

Johann Nepomuk Mälzel (1772–1838): Beethovens Hörrohre, Wien, 1812/1813

Heute ist uns der Name Mälzel im Wesentlichen für sein Metronom bekannt, den Taktgeber, den Musiker auch heute noch zum Üben benutzen, um eine Tempoangabe exakt zu bestimmen. Der Erfinder und Mechaniker war zu Lebzeiten aber in erster Linie für seine zahlreichen Musikautomaten sehr bekannt, einer der namhaftesten war sein automatischer Trompeter. Für Mälzels Panharmonikon komponierte Beethoven zunächst die Siegessinfonie, die später Teil des Schlachtengemäldes "Wellingtons Sieg" wurde. Mälzels Erfindungen richteten sich nicht nur auf die Musik. Für die Verwundeten der napoleonischen Kriege 1809 entwickelte er Fußprothesen und auch für Beethoven tüftelte er medizinische Hilfsmittel aus: die Hörrohre sollten dem Komponisten seinen Kontakt mit der Außenwelt erleichtern, die völlige Ertaubung verhinderten sie nicht.
i
Stadtplan Wien

Stadtplan Wien

Wien war zur Beethoven-Zeit eine der wichtigsten Metropolen und eines der bedeutendsten Kulturzentren Europas. Längst war die Metropole aus der inneren, befestigten mittelalterlichen Stadt herausgewachsen und durch zahlreiche Vorstädte vor den Stadtmauern erweitert worden. Beethoven hat über 33 Jahre in Wien gewohnt – geplant war zunächst nur ein Studienaufenthalt von einem Jahr. In dieser Zeit hatte er mindestens 24 unterschiedliche Adressen, die teils in der inneren Stadt, teils in den Vorstädten lagen.
i
Jean-Baptiste Isabey (1767–1855): Der Wiener Kongress. Gruppenbildnis der bevollmächtigten Diplomaten, 1819, Kupferstich von Jean Godefroy nach Jean-Baptiste Isabey

Jean-Baptiste Isabey (1767–1855): Der Wiener Kongress. Gruppenbildnis der bevollmächtigten Diplomaten, 1819, Kupferstich von Jean Godefroy nach Jean-Baptiste Isabey

Nach der Niederlage Napoleons hatten sich bereits im Sommer 1814 die siegreichen Könige und ihre Minister in London getroffen, um die Bedingungen für ein neues Europa auszuhandeln. Von September 1814 bis Juni 1815 trafen sich dann die Potentaten und Vertreter der europäischen Staaten und Mächte in Wien, um die Neuordnung Europas und einen dauerhaften Frieden zu schaffen. Für Beethoven sollte das Kongressjahr das finanziell erfolgreichste seines Lebens werden und entscheidend zu seinem internationalen Ruhm beitragen. 1814 war Beethoven auf dem Höhepunkt seiner Popularität. Mit den vielen ausländischen Gästen und hochrangigen Adeligen nahmen in der Stadt auch die Festivitäten, Theateraufführungen und Konzerte zu. Auch Beethoven veranstaltete im November 1814 eine sehr erfolgreiche große Akademie unter Anwesenheit fast aller Kongressteilnehmer: Auf dem Programm standen die 7. Symphonie op. 92, Wellingtons Sieg op. 91 und die Uraufführung der Kantate Der glorreiche Augenblick op. 136.
Mit freundlicher Genehmigung: LWL-Museum für Kunst und Kultur, Münster (Westfälisches Landesmuseum), Porträtarchiv Diepenbroick
i
Willibrord Joseph Mähler (1778–1860): Ludwig van Beethoven, 1815, Ölgemälde

Willibrord Joseph Mähler (1778–1860): Ludwig van Beethoven, 1815, Ölgemälde

Schon 1804 hatte Willibrord Joseph Mähler ein Bildnis von Beethoven angefertigt, das sich heute in Wien befindet. Um 1815 schuf Mähler dann eine Serie von Portraits zeitgenössischer Wiener Komponisten, darunter Johann Nepomuk Hummel, Antonio Salieri und Ignaz von Seyfried. Beethoven hat Mähler für seine Sammlung sogar in mehreren Versionen ausgeführt, zwei davon befinden sich im Beethoven-Haus. Diese "Tonkünstler-Gallerie" sollte nur Mählers eigenem Vergnügen dienen, ein Verkauf war nicht geplant. Eines seiner Beethoven-Bilder behielt er sogar bis zu seinem Tod.
i
„Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria“ für Orchester op. 91,  Klavierauszug, Steiner, Wien, 1816

"Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria" für Orchester op. 91, Klavierauszug, Steiner, Wien, 1816

Am 21. Juni 1813 besiegten in der Ebene von Vittoria die Truppen von Sir Arthur Wellesley Herzog von Wellington die Truppen des französischen Marschalls Jean-Baptiste Graf Jourdan und des Königs Joseph von Spanien, des älteren Bruders Napoleons. Die Nachricht dieses Sieges traf am 27. Juli in Wien ein und wurde dort begeistert aufgenommen, befand man sich doch erneut im Krieg gegen Napoleon, dessen Blatt sich nach der Niederlage im Russlandfeldzug 1812 nun endlich wendete. Schlachten- und Siegesmusiken waren damals en vogue, Beethoven kam aber nicht selbst auf die Idee zur Komposition. Der Tüftler, Erfinder und Mechaniker Johann Nepomuk Mälzel überzeugte ihn, für seinen Musikautomaten, das sogenannte Panharmonikon, eine Siegessinfonie zu komponieren. Wahrscheinlich schon während der Übertragung auf den Zylinder des Automaten stellte Mälzel fest, wie musikalisch ausufernd Beethovens Werk geworden war – und damit wie inkommensurabel für eine Maschine, die mit abspielbaren Zylindern arbeitete. Er schlug Beethoven daher vor, die Komposition für großes Orchester umzuarbeiten und der Siegessinfonie auch noch ein musikalisches Schlachtengemälde und eine Intrada voranzustellen. Das Ergebnis traf genau den Zeitgeschmack und wurde für Mälzel und Beethoven zum rauschenden Erfolg. Aufgrund seiner Beliebtheit wurde das Werk in vielen verschiedenen Ausgaben und Bearbeitungen veröffentlicht. Der Klavierauszug – die Standardausgabe für den Hausgebrauch – war besonders schön illustriert.
i
Karl Franz van Beethoven (1806–1858) , Mitte 19. Jahrhundert, Daguerreotypie

Karl Franz van Beethoven (1806–1858) , Mitte 19. Jahrhundert, Daguerreotypie

Beethovens Neffe Karl war der Sohn seines Bruders Kaspar Anton Karl. Beethovens Bruder hatte 1806, wenige Monate vor der Geburt des gemeinsamen Kindes, Johanna Reiß geheiratet. Beethoven lehnte seine Schwägerin wegen ihres schlechten Leumunds ab (sie war wegen Unterschlagung vorbestraft). Nach dem Tod seines Bruders, der 1815 an Tuberkulose starb, entbrannte eine erbitterte Schlacht des Onkels gegen die Mutter um die Vormundschaft für das Kind, die Beethoven 1820 endgültig für sich entscheiden konnte. Für ein Kind zu sorgen, verschaffte Beethoven die lange erhoffte eigene Familie, allerdings war seine Erziehung eher von Strenge als von Zuneigung geprägt. 1826 unternahm sein Neffe Karl einen Selbstmordversuch, der allerdings scheiterte. Mit der Unterstützung Stephan von Breunings trat Karl im Januar 1827 beim Militär ein, wo er bis 1832 blieb. Anschließend lebte er als Privatier in Wien – Karl war der Erbe seiner beiden wohlhabenden Onkel, Ludwig und Johann van Beethoven. Er heiratete 1832 und hatte fünf Kinder.
i
Thomas Broadwood (1786–1861): Hammerflügel, London, 1817

Thomas Broadwood (1786–1861): Hammerflügel, London, 1817

Ende 1817 schenkte der Londoner Klavierbauer Thomas Broadwood Ludwig van Beethoven einen großen sechsoktavigen Flügel. Diese Original-Instrument befindet sich heute im Liszt-Museum in Budapest. Der Broadwood-Flügel des Beethoven-Hauses ist ein baugleiches Instrument, das nur etwa ein Vierteljahr vor Beethovens Instrument gebaut wurde. Der Flügel kam auf dem Seeweg über Triest, Beethoven benötigte eine Zollbefreiung von höchster Stelle, um das Instrument überhaupt einführen zu können. Die Angelegenheit machte so viel Aufsehens, dass sogar auf der Titelseite der Wiener Zeitung darüber berichtet wurde. Die Ankunft des Flügels bei Beethoven fiel in die Entstehungszeit der Hammerklaviersonate op. 106.
i
August von Kloeber (1793–1864): Ludwig van Beethoven, 1818, Bleistiftzeichnung

August von Kloeber (1793–1864): Ludwig van Beethoven, 1818, Bleistiftzeichnung

August von Kloeber besuchte Beethoven im Sommer 1818 während dessen Sommeraufenthalts in Mödling und zeichnete ihn so, wie er ihn vorfand. Im Gegensatz zu den frühen Portraits, die einen modisch gekleideten, sorgfältig frisierten, eleganten jungen Mann zeigen, sehen wir hier Beethovens Erscheinung in seinen letzten Jahren, natürlich und nicht für eine offizielle Abbildung zurecht gemacht (obwohl Beethoven für diese Zeichnung Modell gesessen hat). Beethoven legte sehr viel Wert auf Körperpflege, nicht jedoch auf seine äußerliche Erscheinung. Das Haar trug er nicht immer gekämmt, der Mantel war oft von langen Spaziergängen staubig. Die Bleistiftzeichnung war Vorlage für ein Ölgemälde, das allerdings schon im 19. Jahrhundert verloren gegangen ist.
i
Konversationsheft, Februar–März 1818

Konversationsheft, Februar–März 1818

Beethovens Ertaubung schritt unaufhaltsam fort, egal welche noch so abwegigen Therapie er ausprobierte. Ab ca. 1818 konnte er sich mit seiner Umwelt nur noch mittels kleiner Hefte verständigen. Besucher notierten dafür ihre Gesprächsbeiträge in das Heft, Beethoven antwortete meist mündlich. Bisweilen nutzte er die Hefte auch, um musikalische Einfälle zu skizzieren oder sich selbst Notizen zu machen. Insgesamt sind 139 solcher Hefte überliefert. Für die Forschung stellen sie eine unschätzbare Quelle für Beethovens Alltag dar, da nicht nur Gespräche mit Freunden, Bekannten und Geschäftspartnern, sondern auch mit der Haushälterin über deren Einkäufe und das Essen darin verzeichnet sind. Leider sind nicht alle Gesprächsverläufe eindeutig. Da Beethoven in der Regel mündlich antwortete, fehlen uns manche Aussagen zu Themen, auf die wir gerne die Meinung des Komponisten gewusst hätten.
i
Johann Baptist von Lampi (der Ältere, 1751–1830; zugeschrieben): Rudolph (1788–1831), Erzherzog von Österreich, seit 1819 Kardinal und Erzbischof von Olmütz, Ölgemälde

Johann Baptist von Lampi (der Ältere, 1751–1830; zugeschrieben): Rudolph (1788–1831), Erzherzog von Österreich, seit 1819 Kardinal und Erzbischof von Olmütz, Ölgemälde

Erzherzog Rudolph war der jüngste Bruder von Kaiser Franz I. Zunächst für eine militärische Laufbahn vorgesehen, erhielt er 1805 die niederen Weihen für ein geistliches Amt – vermutlich, weil seine Epilepsie ihn an einer Militärkarriere hinderte. 1819 wurde er zum Erzbischof von Olmütz gewählt. Rudolph war hochmusikalisch, spielte hervorragend Klavier – er war der Pianist der Uraufführung des fünften Klavierkonzerts – und komponierte auch. Der erste persönliche Kontakt mit Beethoven fand im Mai oder Juni 1808 statt, ab 1810 unterrichtete Beethoven den Erzherzog in Klavier und Komposition. Im März 1809 unterzeichnete Rudolph zusammen mit den Fürsten Lobkowitz und Kinsky den Vertrag, der Beethoven eine lebenslange Rente sicherte, allerdings war er der einzige der Unterzeichner, der seinen Anteil regelmäßig zahlte (und in Zeiten der Not auch aufstockte). Rudolph nannte eine große Musikalienbibliothek sein eigen, in der sich die wichtigsten gedruckten Werke Beethovens befanden, mehrheitlich in Originalausgaben, zum Teil auch in handschriftlichen Quellen, manche sogar in Autographen. Niemand erhielt von Beethoven so viele Werke zugeeignet wie Erzherzog Rudolph.
M
i
Nikolaus Lauer (1753–1824): Antonie Brentano (1780–1869) mit ihren Kindern Georg und Fanny (links) und Franz Brentano (1765–1844) mit seinen Töchtern Maximiliane und Josepha (rechts)

Nikolaus Lauer (1753–1824): Antonie Brentano (1780–1869) mit ihren Kindern Georg und Fanny (links) und Franz Brentano (1765–1844) mit seinen Töchtern Maximiliane und Josepha (rechts)

Beethoven machte die Bekanntschaft mit Antonie Brentano 1810. Ihr Ehemann Franz Brentano war ein Halbbruder Clemens Brentanos, das Ehepaar lebte in Frankfurt am Main. 1809 kam Antonie Brentano nach Wien, um ihren kranken Vater zu pflegen und blieb bis 1812. Im Sommer 1812 verbrachte Beethoven mit Familie Brentano einige Urlaubswochen in Karlsbad und Franzensbad. Auch nach der Rückkehr der Brentanos nach Frankfurt blieb der Kontakt bestehen. Die Freundschaft war so eng, dass das Ehepaar Beethoven sogar bereitwillig in schwierigen Lebenssituationen Geld vorstreckte.
i
Joseph Karl Stieler (1781–1858): Beethoven mit dem Manuskript der Missa solemnis, 1820, Ölgemälde

Joseph Karl Stieler (1781–1858): Beethoven mit dem Manuskript der Missa solemnis, 1820, Ölgemälde

Das idealisierte Portrait, das Joseph Karl Stieler 1820 malte, ist heute das wohl bekannteste Bild Beethovens und hat unsere Vorstellung des Komponisten nachhaltig geprägt. Das Ölgemälde wurde von Beethovens Freunden, dem Ehepaar Brentano, in Auftrag gegeben. Beethoven hat dafür Modell gesessen. Erstmals sieht man den Komponisten beim Arbeiten abgebildet – er hält ein Manuskript des für ihn wichtigsten Werkes in der Hand, an dem er zum Zeitpunkt der Entstehung des Bildes gerade arbeitete: seine Missa solemnis.
i
Taschenskizzenheft „BH 107“ zur Messe op. 123, 1819–1820, Autograph

Taschenskizzenheft „BH 107“ zur Messe op. 123, 1819–1820, Autograph

Für den Fall, dass er unterwegs einen guten Einfall hätte, sorgte Beethoven immer vor. Nie ging er aus dem Haus, ohne ein selbstgebasteltes Skizzenheft mitzunehmen. Das bestand aus Notenblättern, die in der Mitte geheftet und einmal gefaltet wurden, damit sie in die Rocktasche passten – aus diesem Grund werden sie Taschenskizzenhefte genannt. Diese Skizzenbücher für unterwegs wurden grundsätzlich mit Bleistift beschriftet, da Feder und Tinte draußen zu unpraktisch gewesen wären. Das macht sie aber zugleich sehr fragil und schwer zu entziffern. Bleistift zur Beethovenzeit war sehr weich, jede Berührung führt dazu, dass er sich wieder vom Papier löst, so dass viele Bleistiftbeschriftungen im Laufe der Jahrhunderte verwischt wurden oder sogar ganz abgerieben sind.
i
Messe in D-Dur für vier Solostimmen, Chor, Orchester und Orgel (Missa solemnis) op. 123,  Überprüfte Abschrift, Partitur, 1824, Stichvorlage für den Verlag B. Schott’s Söhne, Mainz

Messe in D-Dur für vier Solostimmen, Chor, Orchester und Orgel (Missa solemnis) op. 123, Überprüfte Abschrift, Partitur, 1824, Stichvorlage für den Verlag B. Schott’s Söhne, Mainz

Als Beethovens Gönner Erzherzog Rudolph im März 1819 zum Erzbischof von Olmütz gewählt wurde, versprach ihm Beethoven für seine Inthronisation im März 1820 eine große feierliche Messkomposition. Damit wollte er nicht nur seinem wichtigsten Gönner eine Freude machen, er hoffte auch, von diesem als sein Hofkapellmeister in Olmütz eine Anstellung zu erhalten. Obwohl Beethoven im April 1819 mit der Arbeit an seinem wichtigsten Werk begann, schaffte er es nicht, die Messe rechtzeitig fertigzustellen. Erst im Januar 1823 konnte er die Arbeit an der jeden Rahmen sprengenden Komposition abschließen. Bereits ab 1820 verhandelte Beethoven aber mit neun verschiedenen Verlegern über den Druck, Schott in Mainz erhielten schließlich zu den Zuschlag, weil sie das beste Angebot gemacht hatten. Die Stichvorlage wurde von Beethoven sorgfältig Korrektur gelesen und ist deshalb mit Anmerkungen und Verbesserungen übersät.
i
Eduard Klosson (nachgew. 1823, Wien): Beethoven im Café, 1823, Photographie einer Zeichnung

Eduard Klosson (nachgew. 1823, Wien): Beethoven im Café, 1823, Photographie einer Zeichnung

Eduard Klosson war nur ein Hobbyzeichner, was man der Abbildung von Beethoven im Kaffeehaus deutlich ansieht. Trotzdem fing er die Szene gut ein, die sich dem Beobachter jeden Nachmittag in ausgesuchten Wiener Cafés bot: Beethoven mit einer Zeitung, Pfeife rauchend und einer Tasse Kaffee vor sich. Manchmal setzten sich Besucher zu ihm, mit denen er sich unterhielt. Manchmal arbeitete Beethoven auch, wenn er gute Einfälle hatte. Aber immer saß er nachmittags beim Kaffee.
i
Joseph Weidner (1801–1871): Beethoven beim Spaziergang in Rückansicht, 1823, aquarellierte Zeichnung

Joseph Weidner (1801–1871): Beethoven beim Spaziergang in Rückansicht, 1823, aquarellierte Zeichnung

Beethoven liebte ausgedehnte Spaziergänge und war dafür in der ganzen Stadt bekannt. Meist trug er dabei einen Hut und einen Spazierstock. In den Taschen führte er auch einen Bleistift und Notenpapier mit sich, damit er sich eventuell einstellende Ideen sofort niederschreiben konnte. Zahlreiche sogenannte Taschenskizzenhefte zeugen davon, dass Beethoven beim Gehen sehr produktiv war.
i
Ludwig van Beethoven, Blatt aus einem Haushaltsbuch, 14./15./16. Juli

Ludwig van Beethoven, Blatt aus einem Haushaltsbuch, 14./15./16. Juli

Mit zunehmender Taubheit wurde Beethoven immer misstrauischer. Deshalb, aber auch wegen finanzieller Engpässe, zwang er seine Haushälterinnen, über alle Besorgungen Buch zu führen. In den Haushaltsbüchern waren sowohl die einzelnen Posten als auch die dafür ausgegebenen Beträge verzeichnet. Beethoven kontrollierte die Auflistungen, vermerkte, wie viel er seiner Haushälterin gegeben und was er zurückerhalten hatte und strich die Seite schließlich durch, zum Zeichen, dass sie bereits geprüft worden war.
i
Johann Nepomuk Hoechle (1790–1835): Beethovens Wohn- und Musikzimmer im „Schwarzspanierhaus“ in Wien, 1827, Radierung von Gustav Leybold nach einer Zeichnung von Johann Nepomuk Hoechle

Johann Nepomuk Hoechle (1790–1835): Beethovens Wohn- und Musikzimmer im „Schwarzspanierhaus“ in Wien, 1827, Radierung von Gustav Leybold nach einer Zeichnung von Johann Nepomuk Hoechle

Die Zeichnung entstand unmittelbar nach Beethovens Tod. Hoechle hält den Blick in Beethovens Wohnzimmer fest, in der Bildmitte sehen wir den Boradwood-Flügel. Der Fußboden wirkt relativ aufgeräumt, außer den beiden Notenstapeln liegt sonst nichts herum. Auf dem Flügel und im Regal zwischen den Fenstern ist aber das Chaos zu erkennen, das viele Besucher von Beethovens Wohnung berichten: der Flügel ist übersät mit Papieren aller Art, die Bücher und Noten im Regal liegen und stehen wüst und ungeordnet. Das geöffnete Fenster, auf dessen Sims Feder und Tinte stehen, die verschleierte Büste vor dem rechten Fenster und der durchs Fenster scheinende Mond machen auch deutlich, dass der Anlass für das Bild der Tod des Komponisten war, es sich also um eine Art Erinnerungsbild handelt.
i
Beethovens letztes Testament vom 23. März 1827

Beethovens letztes Testament vom 23. März 1827

Drei Tage vor seinem Tod verfasste Beethoven sein letztes Testament. Er bestätigte seinen Neffen Karl als Alleinerben, gestand ihm von seinem Aktienkapital jedoch nur die Dividenden zu, die Aktienselbst sollten dessen Erben (Kinder oder Ehefrau) erhalten. An der Neigung der Schrift und den zahlreichen Schreibfehlern erkennt man, das Beethoven vom Tod gezeichnet war. Am Folgetag verlor er das Bewusstsein und wachte nicht mehr auf.
i
Josef Danhauser (1805–1845): Beethoven auf dem Totenbett, 27.3.1827, Lithographie nach eigener Zeichnung

Josef Danhauser (1805–1845): Beethoven auf dem Totenbett, 27.3.1827, Lithographie nach eigener Zeichnung

Am Morgen des 27. März 1827 – Beethoven war am Nachmittag des Vortages verstorben – verbrachte der junge Maler Josef Danhauser mehrere Stunden am Totenbett des Komponisten und fertigte eine Totenmaske und etliche Skizzen des Verstorbenen an. Daraus gestaltete er später diese Lithographie, die in größerer Auflage hätte hergestellt werden können und dem Bedürfnis nach einem Erinnerungsblatt an den Verstorbenen Rechnung trug. Sie scheint allerdings nie in den Handel gekommen zu sein und wurde vielleicht nur an einen engen Freundeskreis verteilt.
i
Einladung zu Ludwig van Beethovens Leichenbegängnis

Einladung zu Ludwig van Beethovens Leichenbegängnis

Die Einladungskarte zur Teilnahme an Beethovens Begräbnis wurde in der Musikalienhandlung von Tobias Haslinger verteilt. Sie wurde in zwei Ausführungen gedruckt, eine auf festem Papier als Handzettel und eine auf dünnem Papier als Beilage für Briefe. Den Text hatte Stephan von Breuning verfasst. Die Daten für Exequien, also für die Totenmesse, findet sich nicht auf der Karte, da das Seelenamt erst nachträglich gefeiert wurde, vor dem Begräbnis wurde der Leichnam lediglich eingesegnet, in diesem Fall in der Dreifaltigkeitskirche nebenan. Bei der Abfassung des Textes war sicher nicht klar, dass eine so überwältigende Zahl von Trauergästen kommen würden: 20.000 Menschen folgten schließlich dem Sarg.
i
Franz Xaver Stöber (1795–1858): Beethovens Leichenzug vor dem ehemaligen Schwarzspanierkloster in Wien, 1827, Aquarell

Franz Xaver Stöber (1795–1858): Beethovens Leichenzug vor dem ehemaligen Schwarzspanierkloster in Wien, 1827, Aquarell

Beethovens Begräbnis war ein gesellschaftliches Ereignis in Wien, er wurde wie ein hochrangiger Adeliger zu Grabe getragen, sogar die Schulen waren geschlossen. 20.000 Trauergäste und Schaulustige hatten sich bereits Stunden vor Beginn vor Beethovens Wohnhaus versammelt. Aus der nahen Alserkaserne hatte Stephan von Breuning um Militärschutz gebeten, um das Chaos im Zaum zu halten. Acht Kapellmeister hielten die über den Sarg gelegten Bänder, andere Musiker, darunter Franz Schubert, begleiteten den Sarg mit Fackeln. Trotz des anwesenden Militärs war das Gedränge groß, der Leichenzug brauchte Stunden, bis er schließlich sein Ziel erreichte. Wie damals üblich, begleitete man den Leichnam jedoch nur bis zum Friedhofstor, die eigentliche Bestattung fand in Stille statt.
i
1764